Legal News April 2025
Newsletter – 02.05.2025

Es freut uns, Sie auf unsere Legal News für April 2025 hinzuweisen.
Gegliedert nach den folgenden Praxisgebieten haben wir aktuelle Judikatur und gesetzliche Neuerungen kompakt zusammengefasst:
- Immobilienrecht
- Private Clients
- Unternehmens- und Vertragsrecht
- Strafrecht | Compliance
- Wettbewerbsrecht | Kartellrecht
- Corporate News
- CEE-News
Immobilienrecht
Geschäftsraummiete oder Unternehmenspacht: Entscheidende Kriterien
Eine Bestandgeberin renovierte ein Zinshaus, um es der Bestandnehmerin zum Betrieb eines Hotels zur Verfügung zu stellen. Der abgeschlossene Vertrag wurde als Pachtvertrag bezeichnet. Es wurde vereinbart, dass die Bestandnehmerin die Kosten für das Innendesign trägt. Sie organisierte auch das konkrete Beherbergungskonzept und bewarb bzw. vermarktete den Betrieb des Hotels am Markt, während die Bestandgeberin nichts dergleichen tat. Der vereinbarte Bestandzins war ein Fixbetrag ohne Umsatzabhängigkeit. Keinerlei Kundenstock wurde von der Bestandgeberin an die Bestandnehmerin vermittelt.
Es wurden ausdrücklich die Betriebspflicht und die Pflicht der Bestandnehmerin, nach Ende des Bestandvertrages ein lebendes Unternehmen zurückzustellen, vereinbart. Im Verfahren wurde jedoch festgestellt, dass die Bestandgeberin niemals ein ernsthaftes Interesse am Betrieb oder der Übernahme des Hotels hatte. Die Betriebspflicht und die Rückstellungspflicht eines lebenden Unternehmens waren vielmehr Motive der Bestandgeberin, einen für sie rechtlich vorteilhafteren Pachtvertrag abzuschließen.
Der OGH qualifizierte den gegenständlichen Vertrag als Geschäftsraummiete. Nicht entscheidend ist, welche Rechtsfolgen die Parteien beim Vertragsabschluss herbeiführen wollen, sondern die objektive Betrachtungsweise. Da objektiv gesehen vertraglich lediglich Räume zum Gebrauch überlassen wurden, lag eine Geschäftsraummiete vor.
OGH 19.12.2024, 1 Ob 197/24p
Fazit:
Bei der Beurteilung, ob eine Unternehmenspacht oder eine Geschäftsraummiete vorliegt, ist weder die Vertragsbezeichnung noch der subjektive Wille einer Partei, der auf bestimmte Rechtsfolgen abzielt, maßgeblich. Entscheidend ist der objektive Vertragsinhalt. Die Prüfung erfolgt einzelfallbezogen.
In der Praxis hat die Unterscheidung weitreichende Folgen, weil die Vermietung von Geschäftsräumen im Gegensatz zur Verpachtung eines Unternehmens dem Teil- oder Vollanwendungsbereich des MRG unterliegen kann. Dies führt zur Geltung der für den Vermieter strengen Kündigungsbestimmungen des MRG.
Die Vertragsparteien müssen folgendes unbedingt beachten:
- Die Bezeichnung des Vertrages ist irrelevant für dessen rechtliche Einordnung
- Auch der Vertragsinhalt muss nicht zwingend für die Beurteilung relevant sein, wenn darin offensichtlich Umstände geregelt werden, die von den Parteien so eigentlich nicht gewollt sind.
Private Clients
Schenkung zwischen Ehegatten – kein Geschenk für immer
Ausgangslage:
Ein Mann übertrug während aufrechter Ehe seiner Frau die Hälfte einer Liegenschaft mit der gemeinsamen Ehewohnung. Nach der Scheidung wollte er diesen Anteil zurück.
Ergebnis:
Der OGH entschied, dass die geschenkte Liegenschaft in die Vermögensaufteilung fällt. In der Regel wird eine solche Schenkung ohne finanziellen Ausgleich rückübertragen. Im konkreten Fall erhielt die Frau jedoch eine Ausgleichszahlung, weil sie sich nachweislich für eine Wertsteigerung des Grundstücks eingesetzt hatte.
OGH 24.10.2024, 1 Ob 208/19y
Praxistipp
Schenkungen unter Ehegatten sind nicht endgültig. Wer seinem Partner während aufrechter Ehe Vermögenswerte überträgt, muss damit rechnen, dass diese nach der Scheidung zurückgefordert werden können – mit oder ohne Ausgleich, abhängig von den Umständen.
Risiken in Schenkungsverträgen: Die Bedeutung des dokumentierten Schenkungswillens
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte in diesem Fall zu klären, ob bei der Übergabe eines Unternehmens im Rahmen eines Übergabevertrags ein objektives Wertmissverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auf einen Schenkungswillen schließen lässt und welche Beweislasten in einem solchen Fall gelten.
Entscheidung des OGH:
Der OGH argumentierte, dass die Schenkungsabsicht ein wesentliches subjektives Element eines Schenkungsvertrags ist. Bei gemischten Schenkungen kann ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung einen Anscheinsbeweis für das Vorliegen einer Schenkungsabsicht liefern. Der OGH betonte jedoch, dass die Beurteilung des Missverhältnisses auf objektiven Wertverhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beruhen muss.
Im vorliegenden Fall konnte der Schenkungswille nicht abschließend beurteilt werden, weshalb das Verfahren zur Klärung dieser Frage ergänzt werden muss.
OGH 14.11.2023, 2 Ob 248/23v
Praxistipp
Die Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, den Schenkungswillen bei der Erstellung von Schenkungsverträgen ausdrücklich zu dokumentieren. Eine klare Formulierung im Vertrag, die auf die unentgeltlichen Elemente hinweist und den Willen zur Freigiebigkeit betont, kann spätere Rechtsstreitigkeiten vermeiden. Besonders bei gemischten Schenkungen sollte die Dokumentation des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung im Vertragsschlusszeitpunkt sowie der dahinterstehende Wille der Vertragsparteien sorgfältig erfolgen.
Unternehmens- und Vertragsrecht
Zulässigkeit von prozentuellen Kreditbearbeitungsgebühren
Der OGH beschäftigte sich am 19. Februar 2025 in der Entscheidung 7 Ob 169/24i über die Zulässigkeit von prozentual bemessenen Kreditbearbeitungsgebühren und kam zum Ergebnis, dass Klauseln die eine prozentual von der Kreditsumme bemessene Kreditbearbeitungsgebühr (fallgegenständlich 1,5 % von der Kreditsumme) vorsehen, gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB sind.
Ausgangslage:
Infolge einer Verbandsklage der Arbeiterkammer stufte der OGH nunmehr – aufgrund einer Änderung der Judikaturlinie – Kreditbearbeitungsgebühren nicht mehr als Hauptleistungspflicht des Kreditvertrages ein. Aus diesem Grund unterliegen diese Klauseln der Klauselprüfung von allgemeinen Geschäftsbedingungen – insbesondere der Inhaltskontrolle wegen gröblicher Benachteiligung. Hintergrund für diese Änderung der Judikaturlinie war, dass der OGH in den sogenannten „Fitnessstudio-Entscheidungen“ in den Jahren 2022 und 2024 (OGH 4 Ob 59/22p; OGH 9 Ob 94/22x) erkannt hat, dass Bearbeitungsgebühren nicht Teil des Entgelts bzw der Hauptleistungspflicht sind und solche Klauseln daher der Inhaltskontrolle zugänglich sind.
Ergebnis des OGH:
Der OGH kommt nunmehr zum Ergebnis, dass prozentual von der Kreditsumme bemessene Kreditbearbeitungsgebühren gröblich benachteiligend und somit unzulässig sind. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sich der Aufwand einer Bank für die Bearbeitung eines Kredits iHv EUR 220.000,00 von jenem eines Kredits über EUR 400.000,00 unterscheiden soll.
Fazit:
Grundsätzlich unzulässig sind Kreditbearbeitungsgebühren nicht; aufgrund der nunmehrigen Entscheidung des OGH sind jedoch Kreditbearbeitungsgebühren, die sich prozentual an der Kreditsumme bemessen, unwirksam und dürfen künftig nicht mehr vorgeschrieben werden.
OGH 19.02.2025, 7 Ob 169/24i
Strafrecht | Compliance
Sicherstellung von Internetdomains
Ausgangslage:
Die Staatsanwaltschaft Salzburg ordnete an, eine bestimmte Internet-Domain sicherzustellen und auf US-Behörden umzuleiten, um einem Rechtshilfeersuchen der USA nachzukommen.
Ergebnis des OGH:
Mit Sicherstellung kann nur vorläufiger Gewahrsam über bewegliche körperliche Sachen erlangt werden, nicht aber unkörperliche wie Internetdomains.
OGH 11.9.2024, 13 Os 64/24x
Hinweis
Der Gesetzgeber hat mittlerweile die Bestimmungen zur Sicherstellung novelliert. Mittels Sicherstellung kann nunmehr Gewahrsam über Gegenstände, Vermögenswerte und Daten begründet werden. Aufgrund eines weiten Vermögensbegriffes ist eine Sicherstellung von Domains seit Anfang 2025 nun wohl möglich.
Wettbewerbsrecht | Kartellrecht
Ausgangslage:
Eine Immobiliengesellschaft erwarb ein Einkaufszentrum, in dem zuvor u.a. ein Lebensmittelgeschäft betrieben wurde. Für das Einkaufszentrum lag eine raumordnungsrechtliche Bewilligung vor. Nach dem Kauf schloss die Immobiliengesellschaft mit einer REWE-Gesellschaft einen Pachtvertrag über die Lebensmitteleinzelhandelsflächen ab und begann mit der Sanierung. Nach rund elf Monaten Schließung eröffnete REWE das Geschäft.
Ergebnis des OGH:
Als Zusammenschluss gilt, wenn ein wesentlicher Unternehmensteil übertragen wird. „Wesentlich“ ist, wenn eine Marktposition übergeht (Übergang vom Kundenstock oder Gebrauchs- und Nutzungsrechte wie eine raumordnungsrechtliche Bewilligung). Auch wenn diese Nutzungsrechte nicht direkt vom bisherigen Bestandnehmer (bisherige Betreiber des Lebensmittelgeschäfts) übernommen werden, sondern der Erwerber nur die Möglichkeit erhält, mit dem neuen Eigentümer (der Immobiliengesellschaft) über die Einräumung von Nutzungsrechten zu verhandeln, ist ausreichend, wenn auch weitere Assets, wie der Kundenstock oder die Marktposition erworben werden. Dass das Einkaufszentrum zwischendurch geschlossen war, schadet nicht, weil aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch bei stillgelegten Unternehmen eine Marktposition übertragen werden kann, geht doch ua der Kundenstock nicht nach unter einem Jahr Stilllegung verloren.
OGH 28.01.2025, 16 Ok 5/24g sowie OGH 30.11.2023, 16 Ok 4/23h
Hinweis
Die Entscheidung des OGH zeigt, dass bei Abschluss von Bestandverträgen (zB Pacht) die Frage der Anmeldepflicht bei der BWB immer eindringlich zu prüfen ist. Selbst wenn zB die Pacht nicht direkt vom bisherigen Pächter übernommen wird, kann das Vorgehen anmeldepflichtig wird, wenn damit die Übertragung weiterer Vermögenswerte, insbesondere die Marktposition verbunden ist.
CORPORATE NEWS
Strafrecht | Compliance
Wir freuen uns, mitteilen zu dürfen, dass LeitnerLaw im aktuellen Legal500 Ranking in der Rubrik Dispute Resolution: White-Collar Crime (including fraud) ausgezeichnet wurde. Diese Anerkennung bestätigt unsere Expertise und unser Engagement in der wirtschaftsstrafrechtlichen Beratung und Verteidigung.
Besonders hervorzuheben ist, dass unser Partner RA Mag. Mario Schmieder als herausragender Berater in dieser Kategorie gewürdigt wurde. Zudem wurde RA Mag. Simone Tober ausgezeichnet, was ihre fachliche Exzellenz in diesem Bereich unterstreicht.
Darüber hinaus wurde RA Mag. Mario Schmieder ebenfalls im renommierten Chambers Ranking in der Kategorie White-Collar Crime geführt, was seinen hervorragenden Ruf in der Branche weiter untermauert.
Diese Auszeichnungen sind eine große Ehre für unser gesamtes Team und ein Ansporn, unsere Mandant:innen weiterhin mit höchster Qualität und Expertise zu beraten.
Expert:innen-Kommentar
- Mag. Simone Tober, Rechtsanwältin und
- Daniel Gilhofer-Lenglinger, Rechtsanwaltsanwärter
Im Kurier vom 10. Februar 2025
Was geschieht, wenn die KI zum „Täter“ wird?
Künstliche Intelligenz (KI) berührt das Strafrecht auf verschiedene Weise: Sie kann als Tatmittel genutzt werden, Ziel von Straftaten sein oder möglicherweise selbst als Täter agieren. Beispielsweise können Kriminelle KI nutzen, um täuschend echte Phishing-Mails zu erstellen (Tatmittel), oder Hacker können ein KI-gesteuertes Smart-Home-System manipulieren, um jemanden einzusperren (Angriffsziel). Während solche Fälle durch bestehende Gesetze abgedeckt sind, wird es komplizierter, wenn autonome KI-Systeme Schaden verursachen – etwa wenn ein selbstfahrendes Auto einen Unfall mit Personenschaden verursacht. Hier stellt sich die Frage, ob Fahrzeuginsassen, Programmierer oder Hersteller strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.
Fazit:
Das bestehende Strafrecht kann viele KI-bezogene Straftaten bereits erfassen, doch für Szenarien, in denen KI eigenständig handelt, besteht Reformbedarf.
CEE-News
Tschechische Republik
Ab der zweiten Hälfte des Jahres 2025 wird die Tschechische Republik ihr Arbeitsgesetzbuch grundlegend umgestalten, was oft als „Flexi-Novelle“ bezeichnet wird. Diese Reform soll die Arbeitsverhältnisse flexibler gestalten, die Wettbewerbsfähigkeit des Landes auf dem Arbeitsmarkt verbessern und Arbeitgebern erleichtern, Mitarbeiter einzustellen und sich von ihnen zu trennen. Eine der wichtigsten Änderungen betrifft das Kündigungsverfahren, das seit langer Zeit als zu starr angesehen wird. Wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitspflichten verletzt oder die Leistungserwartungen nicht erfüllt, kann der Arbeitgeber nun mit einer verkürzten Kündigungsfrist von einem Monat anstelle der üblichen zwei Monate kündigen.
Die Kündigungsfrist beginnt sofort nach Zustellung der Kündigung und nicht erst am ersten Tag des folgenden Kalendermonats. Sieht der Arbeitsvertrag jedoch eine andere Kündigungsfrist vor, hat die vertragliche Frist Vorrang vor der neuen gesetzlichen Vorgabe.
Im Gegenzug wird die Probezeit verlängert. Sie kann nun bis zu vier Monate für normale Arbeitnehmer und bis zu acht Monate für Arbeitnehmer in Führungspositionen betragen. Eine vereinbarte Probezeit kann auch nach Beginn des Arbeitsverhältnisses verlängert werden, allerdings nur innerhalb der oben genannten Grenzen. Mit diesen Änderungen soll den Arbeitgebern mehr Flexibilität bei der Auswahl geeigneter Kandidaten und bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, die sich nicht bewähren, eingeräumt werden.
Die Flexi-Änderung wird es auch Eltern erleichtern, früher aus dem Elternurlaub zurückzukehren, vor allem dank der Möglichkeit, Vereinbarungen zu treffen, die es ihnen erlauben, die gleiche Arbeit wie in ihrem Arbeitsvertrag zu verrichten.
Slowenien
Der Oberste Gerichtshof der Republik Slowenien befasste sich mit einem Fall, in dem es um eine angebliche Diskriminierung bei der Zahlung des Entgelts für den Unternehmenserfolg ging. Der Kläger argumentierte, dass die Kürzung seiner Vergütung aufgrund von Krankenständen eine unrechtmäßige Diskriminierung darstelle, da der Gesundheitszustand ein geschützter persönlicher Umstand nach dem Gesetz über Arbeitsverhältnisse sei. Dementsprechend hätte ihr Entgelt nicht niedriger sein dürfen als das von Arbeitnehmern ohne solche Umstände.
Der Gerichtshof stellte fest, dass Arbeitgeber zwar nicht verpflichtet sind, eine Vergütung für den Unternehmenserfolg zu gewähren, dass sie aber, wenn sie sich dafür entscheiden, die Gleichbehandlung sicherstellen und Diskriminierung vermeiden müssen. Eine solche Vergütung ist an den Gesamterfolg des Unternehmens und nicht nur an individuelle Arbeitsergebnisse gebunden – im Gegensatz zu Leistungsprämien, die den tatsächlichen Beitrag des Arbeitnehmers durch die geleistete Arbeit widerspiegeln.
Das Urteil stieß bei der zweiten Instanz auf heftigen Widerstand, dessen Position wir für gut begründet halten. Auch wenn der Unternehmenserfolg von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird, bleibt die Rolle der von den Arbeitnehmern geleisteten Arbeit entscheidend. Die Auslegung des Obersten Gerichtshofs führt bereits jetzt dazu, dass Arbeitgeber die Vergütung für den Unternehmenserfolg streichen und sich stattdessen für Leistungsprämien entscheiden, obwohl diese steuerlich ungünstiger behandelt werden. Andererseits kann die vom Gesetzgeber vorgenommene Unterscheidung zwischen der Vergütung für die betriebliche Leistung und für die Arbeitsleistung gerechtfertigt sein, da die bloße Anwesenheit am Arbeitsplatz nicht zwangsläufig einen größeren Beitrag bedeutet als der eines krankgeschriebenen Arbeitnehmers.