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Legal News Juni 2025

News – 25.06.2025

Gegliedert nach den folgenden Praxisgebieten haben wir aktuelle Judikatur und gesetzliche Neuerungen kompakt zusammengefasst:

 

Arbeitsrecht | Sozialrecht

E-Scooter sind mittlerweile allgegenwärtig – ob auf dem Weg zur Arbeit oder in der Freizeit. Passend dazu beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, ob Unfälle mit E-Scootern am Weg zur Arbeit als Arbeitsunfälle einzustufen sind und folglich unter Unfallversicherungsschutz stehen.

Ausgangslage:

Die gesetzliche Unfallversicherung deckt grundsätzlich die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten, die im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen. Dazu zählen auch Wegunfälle, die sich auf dem Weg von der Wohnung des Mitarbeiters bis zur Arbeitsstätte ereignen.

Der gegenständlichen Entscheidung liegt ein Sturz am Arbeitsweg mit einem E-Scooter auf nasser Fahrbahn zu Grunde. Fest steht, dass bei der Benutzung eines Fahrrads es in dieser Situation nicht zu einem Sturz gekommen wäre. Es stellte sich somit die zentrale Frage, ob ein E-Scooter ein allgemein übliches Verkehrsmittel ist und ein Unfall mit einem solchen als Arbeitsunfall gelten kann und folglich unter Unfallversicherungsschutz steht.

Der Oberste Gerichtshof hat diese Frage mit folgender Begründung verneint: Der Gesetzgeber stufe E-Scooter als Trendsportgeräte ein, deren Benutzung eine besondere Geschicklichkeit erfordere. Aufgrund ihrer technischen Eigenschaften könne ein sicheres Fahren nicht gewährleistet werden. Insbesondere sei die Stabilität im Vergleich zu einem Fahrrad deutlich geringer, zumal die Räder kleiner und auch der Lenker schmaler seien. Gerade die daraus resultierende besondere Gefahr – und nicht eine allgemeine Weggefahr – führte im vorliegenden Fall zum Unfall. Es handelte sich also nicht um ein allgemein übliches Verkehrsmittel.

Conclusio:

Der Oberste Gerichtshof hat entschieden, dass der Sturz eines Arbeitnehmers mit einem E-Scooter auf dem Arbeitsweg keinen Dienstunfall darstellt. Die Folgen von solchen Unfällen sind daher von der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gedeckt.

Gesellschafts- und Konzernrecht

OGH zur Haftung der Bank für die Ausstellung einer unrichtigen Bestätigung nach § 10 Abs 3 GmbHG

Der OGH befasste sich mit der Frage der Haftung einer Bank für die Unrichtigkeit der Ausstellung einer § 10 Abs 3 GmbHG-Bestätigung, wenn die Bestätigung schon im Zeitpunkt ihrer Ausstellung bedenklich war.

Ausgangslage:

Die im Konkursverfahren befindende A-GmbH wurde im Jahr 2013 als „GmbH light“ mit einem Stammkapital von EUR 10.000,00 und einer zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage (EUR 5.000,00) gegründet. Mit Gesellschafterbeschluss vom 03. Dezember 2020 wurde das Stammkapital auf EUR 35.000,00 erhöht. Am Tag vor Fassung des Erhöhungsbeschlusses hob ein „Bevollmächtigter“ der Gesellschaft EUR 30.000,00 vom Geschäftskonto der A-GmbH am Schalter der beklagten Bank ab und zahlte ebendiesen Betrag wenige Minuten später am Schalter mit dem Verwendungszweck „Stammeinlage“ wieder auf das Geschäftskonto der A-GmbH ein. Noch am selben Tag stellte die beklagte Bank die Erklärung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG aus, dass auf das Geschäftskonto ein Betrag in Höhe von EUR 30.000,00 eingezahlt wurde, der Geschäftsführung zur freien Verfügung stehe und die Geschäftsführung in der Verfügung darüber nicht beschränkt sei.

Der Kläger, der im Konkursverfahren bestellte Masseverwalter, begehrte von der beklagten Bank eine Schadenersatzzahlung in Höhe von EUR 30.000,00 wegen fahrlässig unrichtiger Ausstellung der § 10 Abs 3 GmbHG-Bestätigung. Das Berufungsgericht gab der Klage statt: Die beklagte Bank hätte aufgrund des zeitnahen Abhebens und Einzahlens desselben Betrags den Verdacht haben müssen, dass faktisch keine neuen Mittel in die A-GmbH zugeführt wurden.

Ergebnis des OGH:

Der OGH bestätigte die Entscheidung und stellte klar, dass eine Bank für die Richtigkeit einer Bestätigung gemäß § 10 Abs 3 GmbHG haftet, wenn bereits zum Zeitpunkt ihrer Ausstellung erkennbare Zweifel an deren Inhalt bestanden. Im konkreten Fall hätte die Bank erkennen müssen, dass der einbezahlte Betrag nicht tatsächlich zur Kapitalerhöhung diente, sondern zuvor aus dem Vermögen der Gesellschaft in bar abgehoben und nur wenige Minuten später wieder in gleicher Höhe auf dasselbe Konto eingezahlt worden war. Unter diesen Umständen hätten sich der Bank ernsthafte Bedenken aufdrängen müssen, dass es sich um dieselben Mittel und somit um bereits zum Gesellschaftsvermögen gehörendes Kapital handelte. Der OGH sah darin einen fahrlässigen Verstoß gegen die erforderliche Sorgfaltspflicht und bejahte daher eine verschuldensabhängige Haftung der Bank.

 

OGH 20. September 2024, 6 Ob 120/24a

Immobilienrecht

Kündigung des Mietvertrages bei erheblich nachteiligem Gebrauch durch den Mieter

Im gegenständlichen Sachverhalt kam es zu wiederholten Wasserschäden einerseits in der vom Beklagten gemieteten Wohnung und andererseits auch im darunterliegenden Bestandobjekt. Dies deshalb, weil der Mieter mehrfach vergessen hat, das Wasser abzudrehen, dieses in weiterer Folge wegen Verstopfungen der Rohre austrat und Schäden verursachte.

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch eines Bestandobjektes liegt jedenfalls vor, wenn es durch eine wiederkehrende, einen längeren Zeitraum betreffende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts zu einer erheblichen Substanzverletzung des Mietgegenstands kommt oder eine solche droht. Dasselbe gilt, wenn es durch mehrfache Unterlassung notwendiger Maßnahmen zu solchen Schäden kommt oder diese drohen. Auch wenn der Mieter mit seiner nachteiligen Verhaltensweise bedeutende wirtschaftliche oder persönliche Interessen des Vermieters oder der anderen Mieter gefährdet, ist ein erheblich nachteiliger Gebrauch zu bejahen.

Der OGH sprach aus, dass der Mieter in diesem Fall durch das wiederholte Verursachen der Wasserschäden einen erheblich nachteiligen Gebrauch vom Bestandobjekt machte.

Fazit und Praxistipp: Ein erheblich nachteiliger Gebrauch stellt sowohl im Anwendungsbereich des MRG als auch des ABGB einen Kündigungsgrund dar. Als Vermieter sollte man Schäden am Bestandobjekt daher dokumentieren. Wenn sie wiederholt bzw. dauerhaft auftreten und dem Mieter bewusst war oder bewusst sein musste, dass sein Verhalten nachteilig ist, könnte man als Vermieter die Kündigung des Mietvertrages in Betracht ziehen.

 

OGH 28.03.2025, 8 Ob 36/25i

Litigation

In einer aktuellen Entscheidung hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit einem komplexen Sachverhalt rund um Mängel bei einem Infrastrukturprojekt auseinanderzusetzen. Konkret ging es um die mangelhafte Herstellung eines kathodischen Korrosionsschutzes an acht Autobahnbrücken.

Die klagende Generalunternehmerin hatte ein Subunternehmen mit der Durchführung der Arbeiten beauftragt. Trotz klarer vertraglicher Vereinbarungen entsprach die Ausführung weder der geforderten Mindesthaftzugfestigkeit noch der erforderlichen Schutzschichtdicke gemäß den anerkannten Regeln der Technik. In der Folge droht eine erhebliche – wenn auch nicht exakt bezifferbare – Verkürzung der Lebensdauer der Bauwerke.

Das Berufungsgericht sprach der Klägerin in weiterer Folge einen Vorschuss für die Mängelbehebungskosten in Höhe von rund EUR 1,92 Mio. zu. Die außerordentliche Revision der beklagten Subunternehmerin wurde vom OGH zurückgewiesen. Der Gerichtshof stellte klar, dass eine Interessenabwägung nicht allein auf die (hohen) Kosten der Verbesserung abstellen dürfe, sondern insbesondere auch die Bedeutung des Mangels und den Vorteil für den Besteller berücksichtigen müsse.

Fazit:

Selbst wenn die Mängelbehebungskosten den ursprünglichen Werklohn deutlich übersteigen, kann deren Verhältnismäßigkeit gegeben sein – etwa dann, wenn ein vernünftiger Besteller zur Wahrung der technischen Funktionalität des Werks die Behebung auch selbst vornehmen würde.

Die Entscheidung bestätigt somit erneut die klare Linie der Rechtsprechung zum Anspruch auf Verbesserung bzw. Vorschuss bei mangelhafter Werkherstellung – auch im Spannungsfeld hoher Verbesserungskosten. Sie betont zugleich die Bedeutung einer fundierten Interessenabwägung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls.

Private Clients

Schenkungen an Minderjährige – Vorsicht bei der Formulierung!

Ausgangslage:

Eine Dame schenkte ihren zwei minderjährigen Nichten jeweils ½ einer Liegenschaft im 1. Bezirk in Wien. Der Wert der Liegenschaft betrug mehr als 2,1 Millionen Euro. Die Tante behielt sich ein umfassendes Fruchtgenussrecht vor und übernahm sämtlich mit der Liegenschaft und der Fruchtgenussberechtigung verbundenen Kosten und Aufwendungen samt Kosten für die Erhaltung sowie allfälligen Um-, Aus- und Zubauten. Ebenso wurde ein Belastungs- und Veräußerungsverbot vereinbart. Aus steuerlichen Gründen erhielten die beiden Nichten ab Vertragsabschluss einen jährlichen Betrag zur Substanzabgeltung. Jegliche Kosten iZm dem Vertrag (zB Errichtung, Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühr etc) wurden vom Vater der Minderjährigen getragen und dieser hatte seine Töchter bis zu deren Volljährigkeit schad- und klaglos zu halten.

Ergebnis:

Die Unterinstanzen und der OGH verweigerten die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung, da die Geschenknehmerinnen ab Erreichen der Volljährigkeit mit Kosten konfrontiert sein könnten. Diese würden aber nicht mehr vom Vater getragen werden und ein Rückgriff auf die Liegenschaft wäre aufgrund des Belastungs- und Veräußerungsverbots ebenso wenig möglich gewesen.

Praxistipp:

Schenkungen an Minderjährige können einen erheblichen Mehraufwand mit sich bringen. Es sollte daher überlegt werden, ob solche Schenkungen unbedingt notwendig sind oder bis zur Volljährigkeit gewartet werden kann. Dessen ungeachtet sind in solchen Schenkungsverträgen aufgrund der strengen Rechtsprechung jedenfalls auch Eventualitäten zu berücksichtigen. Im obigen Fall hätte entweder der Vater über die Volljährigkeit hinaus die Kosten tragen müssen oder dies hätte zu Lasten der Tante für deren Lebzeit vereinbart werden können: Nach Ableben der Tante müssten die Geschenknehmerinnen zwar selbst die Kosten tragen, wären aber bei der Verwertung der Liegenschaft nicht mehr durch das Belastungs- und Veräußerungsverbot gebunden gewesen.

OGH 25.02.2025, 4 Ob 5/25a

Wettbewerbsrecht | Kartellrecht

Das erste Mal wurde ein Abwerbeverbot von Mitarbeitern zwischen Unternehmen mit einer Minderheitsbeteiligung als Verstoß gegen das Kartellverbot sanktioniert.

Ausgangslage:

Delivery Hero erwarb in 2018 eine Minderheitsbeteiligung an Glovo und übernahm 2022 die alleinige Kontrolle. Beide Unternehmen sind im Lebensmittel-Lieferdienst tätig. Während der vier Jahre, als eine Minderheitsbeteiligung zwischen den Mitbewerbern bestand, einigten sie sich auf ein gegenseitiges Abwerbeverbot von Mitarbeitern, haben untereinander sensible Geschäftsinformationen (u.a. Preise, Strategien, Produktmerkmale) ausgetauscht und Märkte untereinander aufgeteilt. All diese Praktiken wurden – so die Europäische Kommission – durch den Besitz einer Beteiligung am Mitbewerber möglich.

Conclusio:

Erstmalig werden Abreden zwischen Unternehmen mit einer Minderheitsbeteiligung von der Europäischen Kommission als missbräuchlich qualifiziert. Auch wurde erstmalig ein zwischen Mitbewerbern vereinbartes Verbot, sich gegenseitig Mitarbeiter abzuwerben, als wettbewerbswidrig gesehen. Im Ergebnis verhängte die Kommission eine Geldstrafe gegen die beiden Unternehmen von in Summe EUR 329 Mio wegen Verstoß gegen das Kartellverbot.

Neuer Rechtsanwalt im Team Private Clients

Unser Kollege Lukas Sauerzapf wurde offiziell als Rechtsanwalt angelobt und wird unseren Mandanten auch zukünftig mit seiner Expertise in der neuen Position zur Verfügung stehen. Bereits seit 2021 ist dieser im Team von Nikola Leitner-Bommer und Katrin Chladek tätig und berät insbesondere Private Clients im Stiftungsrecht und der Unternehmensnachfolgeplanung.

 

Rückblicke zu Veranstaltungen

LBL@4 | ladies business lunch – reloaded & relocated Linz, 17. Juni 2025

Ladies, Lunch & Leadership – das war der LBL@4! Erfrischend anders, voller Power und diesmal „reloaded & relocated“: Beim Ladies Business Lunch im ConventGarden unseres Linzer Standortes drehte sich alles um Perspektivenvielfalt, Female Empowerment und den offenen Austausch auf Augenhöhe. Mit spannenden Impulsen aus Recht und Steuern und einer inspirierenden Diskussion mit Frau Mag.a Doris Hummer – Präsidentin der WKO Oberösterreich​ – war der Nachmittag ein echtes Highlight für alle, die Business mit Haltung und Weitblick leben.

Ein großes Dankeschön an alle Teilnehmerinnen für den wertvollen Austausch – wir freuen uns schon auf das nächste Mal!

 

Construction Law Insights – Volume I, 12.6.2025

Wir blicken auf eine erfolgreiche erste Ausgabe unserer neuen Veranstaltungsreihe Construction Law Insights am 12. Juni 2025 zurück:

Unsere Expert:innen Johannes Edthaler, Christian Eidenberger und Laura Blumauer haben gemeinsam mit zahlreichen Expert:innen aus der Bau- und Immobilienbranche aktuelle Judikaturentwicklungen im Bauvertragsrecht diskutiert und praktische Tipps für den Berufsalltag geteilt.

Gemeinsam mit Ilija Filipovic und David Köpf von ARKFORM erhielten wir im ConventGarden – dem ehemaligen Kapuzinerkloster – spannende Einblicke hinter die Klostermauern. Dabei wurde eindrucksvoll deutlich, mit welcher Sorgfalt und Expertise der denkmalgeschützte Bestand erhalten und im Zuge des Umbaus behutsam weiterentwickelt wurde.

Wir danken allen Gästen für die großartige Stimmung und die angeregten Gespräche. Wir freuen uns schon jetzt auf die nächste Ausgabe!