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COVID-19-bedingte Mietzinsminderung – Erste Entscheidung des OGH

Corona-News – 29.11.2021

Vom OGH wurde in der vorliegenden Entscheidung zu 3 Ob 78/21y vom 21.10.2021 (veröffentlicht am 18.11.2021) erstmals ausgesprochen, dass die Mieterin eines Geschäftslokals wegen der behördlichen Maßnahmen in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie für April 2020 keinen Bestandzins zu bezahlen hat.

Zum Sachverhalt

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die ob die Mieterin eines Sonnenstudios verpflichtet war, den Mietzins für April 2020 zu zahlen, obwohl Kunden in diesem Monat das Geschäftslokal aufgrund behördlicher Anordnungen nicht betreten durften.

Die Mieterin schaltete bereits Mitte März 2020 sämtliche Geräte sowie Strom und Heizung zur Gänze ab. Sie nahm auch ihren Computer mit und hielt sich im April 2020 nicht im Geschäftslokal auf. Im Geschäftslokal befand sich im fraglichen Monat im Wesentlichen nur das Inventar (insbesondere Sonnenbetten). Ausgehend vom Geschäftslokal fand im April 2020 keinerlei Verkaufstätigkeit statt (es waren auch keine zum Verkauf vorgesehenen Waren dort gelagert), zudem wurden dort auch keine administrativen Tätigkeiten erledigt.

Am 1. April 2020 informierte die Mieterin den Bestandgeber, dass sie aufgrund der geltenden Regelungen keinen Miet- und Pachtzins zu entrichten habe und zahlte in der Folge weder Mietzins noch Betriebs- oder Heizkosten für April 2020.

Zur Begründung des OGH

Wie bereits vor Veröffentlichung der Entscheidung vermutet, bestätigte der OGH, dass die COVID-19-Pandemie als „Seuche“ zu qualifizieren ist und somit ein „außerordentlicher Zufall“ im Sinne des § 1104 ABGB vorliegt, der den Entfall des Miet- bzw Pachtzinses begründen kann.

Für den betroffenen Dienstleistungsbetrieb galt im Frühjahr 2020 das von den Behörden zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 verhängte allgemeine Betretungsverbot. Das von der Mieterin betriebene Sonnenstudio lässt sich auch unter keine Ausnahme von dem im April 2020 gültigen Betretungsverbot einordnen (wie zB Lebensmittelhandel oder Banken).

Entscheidend für die Beurteilung, ob es für das Unternehmen für den Zeitraum des Betretungsverbotes nun zum gänzlichen oder bloß teilweisen Entfall des Mietzinses gemäß § 1104 ABGB kommt, ist die Frage der Restnutzung des Geschäftslokals.

Wie dem Sachverhalt zu entnehmen ist, wurde gegenständlich lediglich das Inventar im Bestandobjekt belassen. Hierin sieht der OGH keine Nutzung mehr, die im Sinne des mit dem Bestandgeber vertraglich vereinbarten (Geschäfts-)Zwecks liegt. Die Mieterin hat mit dem Bestandgeber einen Mietvertrag abgeschlossen um im Geschäftslokal der Erbringung von Dienstleistungen in der Form eines Sonnenstudiobetriebs zu erbringen und nicht, um dort Solarien und andere Gegenstände zu lagern. Daher hat die Mieterin für diese „Nutzung“ des Geschäftslokals im April 2020 kein Entgelt zu leisten und kommt es im vorliegenden Fall also zu einem gänzlichen Entfall des Mietzinses und die Mieterin musste für April 2020 keinen Bestandzins zahlen.

Trotz dieser Entscheidung blieben folgende – insbesondere für die Praxis relevante Fragen – vom OGH unbeantwortet

  • Offen bleibt die Frage, wie sich eine möglich bleibende Restnutzung des Bestandobjektes auf den Entfall des Mietzinses auswirkt. Wenn das Bestandobjekt auch während des Betretungsverbotes zumindest zum Teil für die Ausübung der Geschäftstätigkeit genutzt werden konnte, so spricht viel für einen zumindest teilweisen Entfall des Bestandzinses. Eine solche Restnutzung könnte in einer Nutzung für eine dennoch zulässige Verkaufstätigkeit während der Dauer des Betretungsverbotes, die Durchführung von administrativen Tätigkeiten oder etwa auch in der Verwendung für Lagerzwecke für zu verkaufende Ware liegen. In diesen Fällen kommt es gemäß § 1105 ABGB zur bloß teilweisen Befreiung von der Pflicht zur Zahlung des Bestandzinses.
  • Weiters ungeklärt ist, ob der Entfall der Mietzinszahlungspflicht nach § 1104 ABGB auch die Betriebskosten umfasst.

Unbeantwortet konnte angesichts der Sachverhaltskonstellation (Miete nur für April 2021, RL Fixkostenzuschuss jedoch erst am 26.5.2021 in Kraft getreten) auch bleiben, welche Bedeutung staatliche Hilfeleistungen an den Geschäftsraummieter (wie der Fixkostenzuschuss) auf die Anwendung des § 1104 ABGB haben, insb. ob der Mieter allfällige Unterstützungsleistungen weiterzureichen oder an die COFAG zu refundieren hat.

Autor:innen

  • Johannes Edthaler
    Rechtsanwalt | Partner
  • Sigrid Egger
    Rechtsanwältin

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