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Legal News April 2024

Newsletter – 24.04.2024

Es freut uns, Ihnen nachfolgend unsere Legal News für April 2024 zur Verfügung zu stellen.

Gegliedert nach Praxisgebieten haben wir aktuelle Judikatur und gesetzliche Neuerungen kompakt zusammengefasst:

CORPORATE NEWS

LeitnerLaw Rechtsanwälte erweitert ab sofort das Beratungsfeld um den Bereich Kartellrecht und Wettbewerbsrecht!

Für diesen Bereich erweitert Irmgard Pracher das Team von LeitnerLaw Rechtsanwälte. Sie war zuletzt Leiterin der Rechtsabteilung der Brau Union Österreich AG und knüpft nun als Rechtsanwältin an ihre dort gesammelte Erfahrung im Bereich Kartellrecht und Wettbewerbsrecht an. Pracher wird gemeinsam mit Christina Geißler, seit 2021 bereits für LeitnerLaw Rechtsanwälte und seit kurzem als Rechtsanwältin tätig, diesen Bereich positionieren.

Einen Überblick über dieses für alle Unternehmen höchst praxisrelevante Rechtsgebiet finden Sie in diesem Beitrag im Bereich „Kartellrecht und Wettbewerbsrecht“.

ARBEITSRECHT

EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der EU

Zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 hat der Nationalrat eine Reihe von Änderungen in Arbeitsgesetzen auf den Weg gebracht. Diese Änderungen sind darauf ausgerichtet, transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen zu gewährleisten und betreffen insbesondere den Dienstzettel, die Kostenübernahmeverpflichtung bei Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie das Recht auf Mehrfachbeschäftigung.

Zentrale Änderung

  • Adaptierung der Bestimmungen über den Dienstzettel/Dienstschein:
    Es werden zwingende Mindestangaben für den Dienstzettel festgelegt, einschließlich des Unternehmenssitzes, einer Tätigkeitsbeschreibung, Vergütungsregelungen, der Probezeitkonditionen und mehr. Verstöße gegen die Ausstellungspflicht können mit Verwaltungsstrafen von bis zu EUR 2.000,00 geahndet werden.
  • Kostenübernahmeverpflichtung bei Aus-, Fort- und Weiterbildung:
    Dienstgeber werden verpflichtet, bestimmte Ausbildungs- und Weiterbildungskosten zu übernehmen, sofern gesetzlich vorgeschrieben. Die Ausbildungszeit wird als Arbeitszeit anerkannt.
  • Festlegung des Rechts auf Mehrfachbeschäftigung:
    Dienstnehmer erhalten das Recht, neben ihrem Hauptarbeitsverhältnis weitere Beschäftigungen einzugehen. Die Regelungen sollen jedoch arbeitsrechtlichen Bestimmungen entsprechen und dürfen das bestehende Konkurrenzverbot nicht verletzen.

Begleitmaßnahmen

  • Motivkündigungsschutz:
    Dienstnehmer erhalten Schutz vor Kündigungen aufgrund der Nichterteilung eines Dienstzettels oder einer zulässigen Mehrfachbeschäftigung.
  • Kündigungsbegründung:
    Dienstgeber müssen Kündigungen im Zusammenhang mit Dienstzettelverweigerung oder Weiterbildungsrechten schriftlich begründen.
  • Benachteiligungsverbote:
    Das Benachteiligungsverbot wird auf die Erteilung des Dienstzettels, die Mehrfachbeschäftigung und die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ausgeweitet.

EU-Richtlinie 2019/1152

GESELLSCHAFTS- UND KONZERNRECHT

Garantieerklärung eines Gesellschafters (EKEG)

Gem § 1 EKEG ist ein Kredit, den ein Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise gewährt, Eigenkapital ersetzend. Eine Krise liegt unter anderem dann vor, wenn die Gesellschaft – wie hier die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Garantieerklärung des beklagten Gesellschafters – iSd § 67 IO überschuldet ist. Im Fall der Überschuldung gem § 2 Abs 1 Z 2 EKEG kommt es nur auf das objektive Vorliegen des Tatbestandes an, ein subjektives Element ist nur für den Fall des § 2 Abs 1 Z 3 EKEG (Reorganisationsbedarf) normiert.

Der OGH hielt fest, dass wenn ein Gesellschafter zu einem Zeitpunkt, in dem eine Kreditgewährung Eigenkapital ersetzend wäre, für die Rückzahlung des Kredits eines Dritten bürgt, ein Pfand bestellt oder eine vergleichbare Sicherheit leistet, sich der Dritte gem § 15 Abs 1 EKEG bis zur Sanierung der Gesellschaft trotz entgegenstehender Vereinbarung wegen der Rückzahlung des Kredits aus der Sicherheit befriedigen kann, ohne zuerst gegen die Gesellschaft vorgehen zu müssen. Bezahlt der Gesellschafter die fremde Schuld, so kann er gegen die Gesellschaft nicht Regress nehmen, solange diese nicht saniert ist. Der Regressanspruch wird insofern wie ein Eigenkapital ersetzender Kredit behandelt und ist dementsprechend einer Rückzahlungssperre unterworfen.

OGH 25.9.2023, 17 Ob 18/23

Abberufung von Mitgliedern eines Stiftungsorgans wegen grober Pflichtverletzung

Die Abberufung von Mitgliedern eines Stiftungsorgans wegen grober Pflichtverletzung (§ 27 Abs 2 Z 2 PSG) erfordert deren grobes Verschulden.

Nach Ansicht des Stiftungsvorstands hatten Beiratsmitglieder die (unmittelbaren oder mittelbaren) Tochtergesellschaften der Privatstiftung und damit auch diese selbst mittelbar geschädigt. Überdies hatte keine Judikatur ua zu Fragen iZm dem Ruhen der Mitgliedschaft im Beirat wegen Konfliktverfangenheit bestanden. Der Stiftungsvorstand hatte die gerichtliche Abberufung der Mitglieder des Beirats gemäß § 27 Abs 2 PSG beantragt.

Der OGH wandte seine bisherige Judikatur zur Abberufung des Stiftungsvorstands im ersten Rechtsgang auch auf den Beirat an, verneinte aber das Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen.

Parallel hatten die Mitglieder des Beirats die Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstands wegen grober Pflichtverletzung gemäß § 27 Abs 2 PSG beantragt.

Mangels klarer Rechtslage zum Zeitpunkt des Antrags sowie mangels eigenmächtiger Abberufung der Mitglieder des Beirats durch den Stiftungsvorstand war dessen Verhalten damit weder missbräuchlich noch schikanös. Auch das Fehlen von Judikatur iZm dem Ruhen der Mitgliedschaft im Beirat wegen Konfliktverfangenheit sowie zur Wirksamkeit des Entzugs der Begünstigtenstellung und die vom OGH als „mehr als kritikwürdig“ qualifizierten Rechtshandlungen der Mitglieder des Beirats sprachen gegen eine grobe Pflichtverletzung.

Im Ergebnis war den Mitgliedern des Stiftungsvorstands kein Verschulden vorzuwerfen, zumal sie auch nicht zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben unfähig waren, sondern vielmehr zeitnah nach Zugang der höchstgerichtlichen Entscheidung im ersten Rechtsgang wieder Sitzungen des Beirats abhielten und damit adäquat auf die nunmehr geklärte Rechtslage reagiert hatten.

OGH 20.12.2023, 6 Ob 204/23b
Unter Verweis auf 6 Ob 93/21a

IMMOBILIENRECHT

Mietzinsminderung trotz unterbliebener Anzeige des Mangels

In dieser Entscheidung wich der OGH von seiner Rechtsprechung ab, wonach eine Mietzinsminderung nach § 1096 ABGB eine Anzeige nach § 1097 ABGB voraussetzt (RS0126618).

Konkret ging es darum, dass sich eine elektrotechnische Anlage als mangelhaft herausstellte. Die Kläger begehrten Mietzinsminderung auch für den Zeitraum vor Kenntnis des Mangels mit dem Argument, dass dieser lebensgefährliche Brandgefahr herbeigeführt habe. Der OGH war der Ansicht, dass ein Mangel des Bestandobjektes, den der Mieter ohne sein Verschulden nicht erkennt, den Mietzinsanspruch des Vermieters auch dann mindert, wenn der Mieter den Mangel nicht angezeigt hat. Den Mieter trifft vor allem keine Verpflichtung, theoretisch denkbare Mängel, die für ihn jedoch nicht erkennbar sind, zu untersuchen und im Sinne des § 1097 ABGB anzuzeigen. Bei der Berechnung der konkreten Höhe des Zinsminderungsanspruches ist jedoch der Umstand zu beachten, dass der Mieter das Bestandsobjekt, auch wenn objektiv ein Mangel vorlag, wegen seiner subjektiven Unkenntnis ohne Einschränkungen nutzen konnte.

OGH 19.12.2023, 5 Ob 176/23b

Heizkörper fallen in die Erhaltungspflicht des Vermieters

In diesem kürzlich ergangenen Judikat stellte der OGH klar, dass die in § 3 Abs 2 Z 2a MRG normierte Erhaltungspflicht des Vermieters bzgl. Arbeiten, die die Erhaltung von Heizthermen, Warmwasserboilern und sonstigen Wärmebereitungsgeräten umfasst, weit auszulegen ist. Bei enger Auslegung der Bestimmung wären Rohrleitungen und Heizkörper nicht darunter subsumierbar, weil diese die Wärme nicht „bereiten“, sondern lediglich weiterleiten bzw. abgeben. Aus teleologischen Gründen ist eine solche Auslegung jedoch nicht geboten. Ein Blick in die Materialien der Wohnrechtsnovelle 2015 zeigt, worin der Sinn und Zweck der Ausweitung der Erhaltungspflichten des Vermieters auf Wärmebereitungsgeräte lag: Den Mieter zum einen vor den hohen Kosten zu bewahren, die bei der Reparatur solcher Geräte entstehen, und zum anderen der Umstand, dass diese Einrichtungen unverzichtbar für die Bewohnbarkeit des Mietobjekts sind. Aus diesen Gründen muss der Begriff „Wärmeversorgungsanlage“ als Gesamtheit der zur Erzeugung, Weiterleitung und Abgabe der Wärme dienenden Einrichtungen (RS0083221) interpretiert werden, weshalb dazu auch Rohrleitungen und Heizkörper zählen.

OGH 11.1.2024, 5 Ob 51/23w

LITIGATION

Behebung des Schadens durch Mitarbeiter des geschädigten Unternehmens – Ersatz des fremdüblichen Stundensatzes?

Mittels Werkvertrags wurde die Klägerin zur Durchführung von Spengler- und Schwarzdeckerarbeiten beauftragt. Aufgrund von Vertragsverletzungen der Klägerin entstanden der Auftraggeberin Mehraufwendungen in Form von zusätzlichen Arbeitsstunden für örtliche Bauaufsicht, Koordinierung und Rechnungsführung. Die Beklagte ließ die Arbeiten nicht durch ein beauftragtes Unternehmen durchführen, sondern nahm die diesbezüglichen Arbeiten selbst vor.

Der Auftraggeberin wurde der Ersatz des festgestellten angemessenen fremdüblichen Stundensatzes für selbst durchgeführte Tätigkeiten wegen Schadensbehebung (Mehraufwendungen) zugesprochen. Die Klägerin brachte dagegen vor, dass der Ersatz des fremdüblichen Stundensatzes den Grundsätzen des Schadenersatzrechts widerspreche. Die „Mehraufwendungen“ seien von einer bei der Beklagten angestellten Person erbracht worden, weshalb der Beklagten kein Schaden entstanden sei. Die in fremdüblichen Stundensätzen enthaltenen Kalkulationsansätze wie zB Wagnis-, Gewinn- oder Zinsaufschläge stellten jedenfalls keine ersatzfähigen Kosten dar. Die Beklagte würde durch die angenommene Ersatzpflicht hinsichtlich der Mehraufwendungen vielmehr einen Gewinn erzielen.

Lt OGH kann jeder geschädigte Unternehmer, der Arbeitskräfte seines Betriebs freistellt, um den Schaden selbst zu beheben, den Mehraufwand ersetzt verlangen. Der Schädiger kann sich daher nicht darauf berufen, dass der Geschädigte in der Lage war, die Reparatur mit dem Stand an Personal durchzuführen, den er auch ohne das schädigende Ereignis gehabt hätte. Der Schädiger hat nach der Rsp dem Geschädigten, der den Schaden in seinem eigenen Betrieb behoben hat, auch den geschäftsüblichen Reingewinn zu vergüten, der mit einer solchen Arbeit verbunden ist, weil ein Gewerbetreibender ohne Reingewinn nicht arbeiten kann und kein Grund besteht, den Schädiger besser zu stellen, weil der geschädigte Gewerbetreibende selbst den Schaden behoben hat und ihn nicht von einem anderen Unternehmer hat beheben lassen. Dabei sei auch der Gedanke ausschlaggebend, dass der Geschädigte, wenn er den Schaden nicht in seinem eigenen Betrieb behoben hätte, in der hierzu aufgewendeten Zeit andere gewinnbringende Arbeiten hätte leisten können.

OGH 17.1.2024, 6 Ob 91/23k

PRIVATE CLIENTS

Meinungsverschiedenheiten über die Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses einer Privatstiftung

Die gegenständliche Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob Mitglieder eines (nicht aufsichtsratsähnlichen) Stiftungsbeirats bei Meinungsverschiedenheiten über die Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses einen Antrag auf Aufstellung eines Konzernabschlusses stellen können.

In diesem Zusammenhang ist bei einer Privatstiftung § 244 Abs 7 UGB sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 244 Abs 7 UGB sind bei Meinungsverschiedenheiten über das Vorliegen einer Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses der Vorstand, Aufsichtsrat und Abschlussprüfer antragslegitimiert. Umgelegt auf die Privatstiftung sind somit der Stiftungsvorstand, der Stiftungsprüfer und der Aufsichtsrat (sofern einer eingerichtet wurde) von der Antragslegitimation erfasst.

Als weiteres Organ der Privatstiftung kann ein Stiftungsbeirat vorgesehen werden. Da der Stiftungsbeirat aber in der Auflistung des § 244 Abs 7 UGB nicht angeführt ist, ergibt sich somit aus der sinngemäßen Anwendung dieser Bestimmung keine Antragslegitimation der Mitglieder des Stiftungsbeirats.

Da allerdings der Aufsichtsrat antragslegitimiert ist, stellt sich daher die Frage, ob Mitglieder eines Stiftungsbeirats, dem aufsichtsratsähnliche Kompetenzen und Rechte zukommen, ebenso antragslegitimiert wären. Das OLG Innsbruck hielt dazu fest, dass Mitglieder eines Stiftungsbeirats nur dann bei Meinungsverschiedenheiten über das Vorliegen einer Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses antragslegitimiert sind, wenn dem Stiftungsbeirat ähnliche Kompetenzen, Aufgaben und Rechte zukommen wie einem Aufsichtsrat (Stichwort: Aufsichtsratsähnlichkeit des Stiftungsbeirats).

Es ist abschließend festzuhalten, dass wenn ein Stiftungsbeirat eingerichtet ist, dem keine aufsichtsratsähnlichen Kompetenzen, sondern nur beratende Kompetenzen zukommen, eine Antragslegitimation gemäß § 18 PSG iVm § 244 Abs 7 UGB zu verneinen ist. Somit ist auch davon auszugehen, dass wenn einem Stiftungsbeirat in der Stiftungsurkunde die Antragslegitimation bei Meinungsverschiedenheiten über das Vorliegen einer Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses als Kompetenz eingeräumt wird, der Stiftungsbeirat – unter Beachtung auch sämtlicher anderer Kompetenzen des Stiftungsbeirats – wohl regelmäßig als aufsichtsratsähnlich zu qualifizieren sein wird und der Stiftungsbeirat diesfalls nicht begünstigten-dominiert sein darf.

OLG Innsbruck 27.6.2023, 3 R 58/23p

Vermögensopfer trotz Rückfallsrecht

Der Erblasser schenkte zu dessen Lebzeiten Liegenschaften an die nicht pflichtteilsberechtigte Alleinerbin. Dabei wurde zu seinen Gunsten ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnungsgebrauchsrecht sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot vereinbart und einverleibt. Zusätzlich wurde im Schenkungsvertrag vereinbart, dass im Fall des Vorversterbens der Geschenknehmerin die vertragsgegenständlichen Liegenschaften an den Erblasser zurückfallen sollen (sogenanntes Rückfallsrecht).

Der OGH stand nunmehr vor der Frage, ob die geschenkten Liegenschaften – trotz vereinbartem Rückfallsrecht – für die Berechnung der Pflichtteilsansprüche der Verlassenschaft hinzuzuzählen sind. Vorweg kann festgehalten werden, dass eine Schenkung mit dem endgültigen und unwiderruflichen Übergang „wirklich gemacht“ wurde. In diesem Zusammenhang wird auf die „Vermögensopfertheorie“ abgestellt, sohin jener Zeitpunkt, wenn der Verstorbene das Vermögensopfer in Bezug auf die Zuwendung endgültig erbracht hat. Es entspricht bereits gefestigter Rechtsprechung, dass ein allfälliges zurückbehaltenes Fruchtgenussrecht oder Wohnungsgebrauchsrecht samt Belastung- und Veräußerungsverbot das Vermögensopfer nicht hindert. Erfolgte die Schenkung sohin nicht in den letzten beiden Jahren vor dem Ableben, ist diese nicht der Verlassenschaft hinzuzurechnen.

Der OGH hält im Anlassfall fest, dass ein zusätzlich vereinbartes Rückfallsrecht das Vermögensopfer nicht hindert, sofern der Erblasser nicht mehr die Möglichkeit hat die Liegenschaften „aktiv“ zurückzufordern. Aufgrund des Umstandes, dass der Rückfall nur für den Fall vorgesehen ist, dass die Alleinerbin vor dem Erblasser stirbt und sohin nicht vom Willen des Geschenkgebers abhängig ist, ist die Schenkung als wirklich erbracht anzusehen und unterliegt nach Verstreichen der Zweijahresfrist nicht mehr der Hinzurechnung der Verlassenschaft.

OGH 21.11.2023, 2 Ob 210/23f

Repräsentation des erbunwürdigen Ehegatten

Ein Verstorbener hinterließ seine (zweite) Ehegattin sowie zwei gemeinsame Kinder. Dazu kamen drei Kinder aus erster Ehe. Alle Parteien bestritten die Gültigkeit des eigenhändigen Testaments des Verstorbenen und gaben aufgrund der gesetzlichen Erbfolge Erbantrittserklärungen ab. Die Kinder aus erster Ehe behaupteten überdies die Erbunwürdigkeit der Witwe. Diese hätte dem Verstorbenem ua über mehrere Jahre lang schweres seelisches Leid zugefügt.

Im Erbrechtsverfahren war ua strittig, ob die – (erstinstanzlich) noch nicht festgestellte – Erbunwürdigkeit der Witwe zur Folge gehabt hätte, dass ihr Erbteil nach der in § 542 ABGB vorgesehenen Repräsentation lediglich auf die gemeinsamen, oder auf alle Kinder des Verstorbenen aufgeteilt wird. Damit eine Person erbfähig sein kann, muss sie sowohl rechtsfähig als auch erbwürdig sein. Erbunwürdige Personen sind von der Erbschaft ausgeschlossen (§§ 539 ff ABGB). Die Erbunwürdigkeit tritt ipso iure ein, kann aber durch Verzeihung beseitigt werden.

Gemäß § 542 ABGB treten bei gesetzlicher Erbfolge die Nachkommen der erbunwürdigen Person an deren Stelle (Repräsentation), auch wenn diese den Verstorbenen überlebt hat. Die Norm ordnet aber keine Repräsentation eines erbunwürdigen Ehegatten an.

Bei Repräsentation der Witwe durch die gemeinsamen Kinder hätten diese ihren eigenen Anteil sowie jenen der Witwe erhalten und damit mehr als die nur vom Verstorbenen abstammenden Kinder. Nach der nunmehrigen Judikatur käme es aber selbst bei Bejahung der Erbunwürdigkeit der Witwe zu keiner Repräsentation, vielmehr wäre ihr Anteil auf alle Kinder des Verstorbenen im gleichen Ausmaß aufzuteilen. Im Anlassfall wurde das Verfahren zur Klärung der Frage der Erbunwürdigkeit vor dem Erstgericht fortgesetzt.

OGH 25.10.2023, 2 Ob 169/23a

Unternehmenserwerb auf Kredit – Berücksichtigung im nachehelichen Aufteilungsverfahren

Die im Jahr 2013 geschlossene Ehe wurde im Jahr 2022 geschieden. Die Ehefrau erwarb während aufrechter Ehe Anteile an einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (einer KG), bei der sie bereits angestellt war, um sich dort als Partnerin einzukaufen. Die Finanzierung erfolgte durch einen Bankkredit, den die Frau aus ihrem Einkommen als Partnerin und daneben auch als Angestellte dieser Gesellschaft in monatlichen Raten zurückbezahlt.

Der OGH stand nunmehr vor der Frage, ob die während der Ehegemeinschaft erfolgte Tilgung des von der Frau für den Beteiligungserwerb aufgenommenen Kredits im nachehelichen Aufteilungsverfahren zu berücksichtigen ist. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die von der Frau erworbenen Anteile nicht dem aufzuteilenden Vermögen unterliegen, weil es sich dabei um keine bloße Wertanlage iSd § 82 Abs 1 Z 4 EheG handelt, andernfalls die Beteiligung selbst bereits der Aufteilung unterliegen würde.

Der Gesetzgeber hat mit § 91 Abs 2 EheG ein Ausgleichsinstrument für Benachteiligungen geschaffen. Sollten ua eheliche Ersparnisse in ein Unternehmen, an dem einem oder beiden Ehegatten ein Anteil zusteht, eingebracht oder für ein solches verwendet werden, erfolgt eine Einbeziehung des Werts des Eingebrachten in die Aufteilung. Der OGH hielt auch im Anlassfall fest, dass dies auch für die Tilgung der Kreditraten im gegenständlichen Fall gilt, da diese aus ehelichen Mitteln erfolgte und somit sinngemäß eine benachteiligende Vermögensverschiebung vorliegt.

Der Erwerb von Unternehmensanteilen und die Tilgung der Kreditraten durch das eigene Einkommen während aufrechter Ehe sind daher bei der Bemessung einer Ausgleichszahlung zugunsten des anderen Ehegatten zu berücksichtigen.

OGH 23.10.2023, 1 Ob 113/23h

RESTRUKTURIERUNG UND SANIERUNG | INSOLVENZ

Insolvenzdatei – öffentliche Bekanntmachung

Gemäß § 255 IO erfolgt die öffentliche Bekanntmachung von Schriftstücken und Beschlüssen durch Aufnahme in die Insolvenzdatei. Ist „neben der öffentlichen Bekanntmachung eine besondere Zustellung vorgeschrieben“, treten die Folgen der Zustellung schon durch die öffentliche Bekanntmachung ein, auch wenn die Zustellung unterblieben ist (§ 257 Abs 2 IO). Wird bereits bei der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens die Eigenverwaltung entzogen und ein Insolvenzverwalter (Masseverwalter) bestellt, ist beides aus dem Edikt ersichtlich, durch das die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt zu machen ist (vgl § 74 iVm § 181 IO). Strittig war allerdings, ob dies auch für den Fall gilt, dass das Gericht im Schuldenregulierungsverfahren erst später den Entzug der Eigenverwaltung und die Bestellung eines Insolvenzverwalters (Masseverwalters) beschließt. Dies wird nämlich nirgends ausdrücklich angeordnet.

Der OGH stellte mit der Entscheidung 8 Ob 127/23v klar, dass auch ein nachträglicher Beschluss bezüglich des Entzugs der Eigenverwaltung und der Bestellung eines Insolvenzverwalters (Masseverwalters) im Schuldenregulierungsverfahren öffentlich bekannt zu machen ist. Eine solche Vorschrift könne auch auf einer Analogie beruhen (§ 7 ABGB). Aufgrund des der Allgemeinheit offenstehenden und kostenlosen Zugangs zur Insolvenzdatei im Internet sei die regelmäßige Einsichtnahme in sie auch zumutbar und für am Verfahren Beteiligte zur Vermeidung von Fristversäumnissen auch unerlässlich.

OGH 13.12.2023, 8 Ob 127/23v

STRAFRECHT | COMPLIANCE

Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung: Strafaufhebung gemäß § 153c Abs 3 Z 1 StGB

Gemäß § 153c Abs 1 StGB macht sich strafbar wer als Dienstgeber Beiträge eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung dem berechtigten Versicherungsträger vorenthält. Der Täter ist gemäß § 153c Abs 3 StGB jedoch nicht zu bestrafen, wenn er bis zum Schluss der Verhandlung die ausstehenden Beiträge zur Gänze einzahlt (Z 1) oder sich dem berechtigten Sozialversicherungsträger gegenüber vertraglich zur Nachentrichtung der ausstehenden Beiträge binnen einer bestimmten Zeit verpflichtet (Z 2).

Der Strafaufhebungsgrund nach § 153c Abs 3 Z 1 StGB verlangt, dass die ausstehenden Beiträge zur Gänze bezahlt werden. Zahlungen bloß in Höhe der in einem späteren Insolvenzverfahren festgesetzten Quote reichen nicht aus.

OGH 6.9.2023, 14 Os 20/23g (= RIS-Justiz RS0134502)

Verfall gem § 20 StGB, erlangte Vermögenswerte

Gemäß § 20 Abs 1 StGB hat das Gericht Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, für verfallen zu erklären.  Soweit die dem Verfall unterliegenden Vermögenswerte nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind, hat das Gericht gemäß § 20 Abs 3 StGB einen Geldbetrag für verfallen zu erklären, der den erlangten Vermögenswerten entspricht.

Ein Vermögenswert ist iSd § 20 StGB dann erlangt, wenn ihn der Täter in seine faktische und wirtschaftliche Verfügungsmacht bringt; ihn also wirtschaftlich ausnutzen kann. Dem Täter muss der Vermögensvorteil zugutekommen. Hat der Täter einen Vermögenswert nur kurzzeitig und vorübergehend inne, so hat er ihn nicht erlangt. Gewahrsam ist nicht mit Erlangen gleichzusetzen. Dass sich der Täter durch das Erlangen der Vermögenswerte auch unrechtmäßig bereichert hat, ist nicht erforderlich.

OGH 12.12.2023, 11 Os 127/23w (= RIS-Justiz RS0134603)

UNTERNEHMENS- UND VERTRAGSRECHT

Zur Mängelrüge nach § 377 UGB – insb Verzicht

Gem § 377 Abs 1 UGB hat der Käufer dem Verkäufer Mängel der Ware, die er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang nach Ablieferung durch Untersuchung festgestellt hat oder feststellen hätte müssen, binnen angemessener Frist anzuzeigen, wenn der Kauf für beide Teile ein unternehmensbezogenes Geschäft ist. Daraus folgt, dass die Vorschriften zur Mängelrüge beim Warenkauf auf Nichtunternehmer nicht anwendbar sind, sondern nur dann eine Rügepflicht besteht, wenn beide Vertragspartner Unternehmer iSd UGB sind und das jeweilige Geschäft auch zum Betrieb ihres Unternehmens gehört.

In der vorliegenden Entscheidung setzte sich der OGH unter anderem mit dem Thema „Mängelrüge und Verzicht auf verspätete Geltendmachung“ auseinander. Er sprach dabei aus, dass eine erfolgte Verbesserungszusage oder ein durchgeführter Verbesserungsversuch „in der Regel“ einen schlüssigen Verzicht des Verkäufers auf die Geltendmachung der Verspätung der Mängelrüge bedeute. Einen solchen schlüssigen Verzicht auf die Einrede der verspäteten Erhebung der Mängelrüge erblicke die Judikatur vor allem in einem sachlichen Eingehen auf die Mängelrüge ohne Hinweis auf deren Verspätung. Ein schlüssiger Verzicht müsse vom insoweit beweisbelasteten Käufer in erster Instanz durch entsprechendes Tatsachenvorbringen geltend gemacht werden.

Aus Dokumentations- und Beweiszwecken empfiehlt es sich daher käuferseitig rechtzeitig die Mängelrüge zu erheben und deren Erhebung samt Reaktion des Verkäufers zu dokumentieren, um in einem allfälligen Gerichtsverfahren den Beweis eines eventuellen Verzichts des Verkäufers auf die verspätete Mängelrüge erbringen zu können.

OGH 21.11.2023, 2 Ob 111/23x

DATENSCHUTZ

Betroffenenrechte iSd DSGVO stehen einer KG und auch einer OG nicht zu

In gegenständlicher Entscheidung hatte sich die Datenschutzbehörde mit der Frage zu beschäftigen, ob einer Kommanditgesellschaft (Beschwerdeführerin) bei grenzüberschreitendem Sachverhalt das Recht auf Beschwerde bei der österreichischen Aufsichtsbehörde gem Art 77 Abs 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zukommt.

Konkret brachte die Beschwerdeführerin eine Beschwerde wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung ein, die sich explizit auf die Beschwerdeführerin als KG bezieht. Da es sich um eine Datenverarbeitung und -übermittlung in Deutschland handelte, kommt das österreichische Datenschutzgesetz (DSG) nicht zur Anwendung. Es war daher der Anwendungsbereich der DSGVO zu prüfen. Art 1 Abs 1 DSGVO legt fest, dass die DSGVO Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten enthält. Art 1 Abs 2 DSGVO legt fest, dass die DSGVO Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten schützt. Dass lediglich personenbezogene Daten von natürlichen Personen durch die DSGVO geschützt sind, ergibt sich auch aus der Begriffsdefinition „betroffene Person“ des Art 4 Z 1 DSGVO, wonach damit „eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person“, gemeint ist. Gegenständlich ging es jedoch um die Verarbeitung und Übermittlung von Daten einer KG und nicht einer natürlichen Person. Das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde gem Art 77 Abs 1 DSGVO kommt jedoch nur betroffenen Personen, also natürlichen Personen, zu. Einer KG steht dieses Beschwerderecht nicht zu.

GZ: 2023-0.058.359 vom 10.8.2023 (Verfahrenszahl: DSB-D124.1612/22)

KARTELLRECHT UND WETTBEWERBSRECHT

Neuer Fachbereich

Was ist Wettbewerbsrecht?

Wettbewerbsrecht stellt einen fairen Wettbewerb am Markt sicher und umfasst das Kartellrecht und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.

Kartellrecht untersagt wettbewerbsbeschränkende Absprachen und Vereinbarungen zwischen Unternehmen (zB Absprachen über Preise, Aufteilung von Kunden).

Das Wettbewerbsrecht verbietet unfaire Geschäftspraktiken, mit denen sich ein Unternehmen auf ungerechte Weise Vorteile gegenüber einem Mitbewerber verschafft (zB Green- oder Pinkwashing, aggressives Abwerben von Mitarbeitern).

Für welche Unternehmen ist Wettbewerbsrecht relevant?

Kartellrecht betrifft jedes Unternehmen, egal welche Rechtsform oder Größe. Kartellrecht ist zB für Unternehmen relevant, die eine Kooperation mit einem anderen Unternehmen halten oder eine solche anstreben (zB gemeinsamer Einkauf, Auslagerung der Produktion an einen Mitbewerber).

Auch Unternehmen, die ihre Leistungen über Vertriebspartner vertreiben, sollten mit den Bestimmungen vertraut sein. Insbesondere bei Zusammenarbeit mit Handelsvertretern ist auf eine saubere Vertragsgestaltung zu achten.

Unternehmen, die wenig Mitbewerb in deren Branche haben, sind besonders betroffen. Es ist nicht verboten, eine überragende Stellung am Markt zu haben, aber es ist untersagt, diese marktbeherrschende Stellung zu missbrauchen.

Die „Größe“ des Unternehmens spielt auch bei der Zusammenschlusskontrolle eine Rolle. Bei einem Zusammenschluss von Unternehmen kann ab einer bestimmten Umsatzschwelle eine Anmeldung bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) erforderlich sein.

Wettbewerbsrecht ist ebenfalls von allen Unternehmen einzuhalten. Unternehmen müssen insbesondere in deren Werbung und Marketing achten, keine irreführende Werbung zu tätigen. Das umfasst auch eine korrekte Produkt-, Etikettenkennzeichnung. Auch Unternehmen, die vieles für Nachhaltigkeit (Stichwort “ESG“) unternehmen und damit werben, sollten sich mit dem Wettbewerbsrecht vertraut machen, um Reputationsschäden durch „Greenwashing“ oder „Pinkwashing“ zu vermeiden. Das Wettbewerbsrecht kann auch für Unternehmen interessant sein, deren Mitarbeiter:innen mit verwerflichen Methoden abgeworben werden.

Warum sollte ein Unternehmen in die Beratung im Wettbewerbsrecht investieren?

Kartellrechtsverstöße sind mit massiven Geldbußen bedroht (max 10 % des weltweiten Jahreskonzernumsatzes). Verfahren wegen irreführenden Geschäftspraktiken sind meist mit einer Urteilsveröffentlichung verbunden und führen so zu einer medialen Aufmerksamkeit. Die negativen Auswirkungen auf die Reputation des Unternehmens sind nicht zu unterschätzen.

Welchen Stellenwert der faire Wettbewerb für die Behörden einnimmt, zeigt die personelle Aufstockung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) seit Jahresbeginn.

Wir bei LeitnerLaw Rechtsanwälte wollen daher eine praxisnahe Beratung in diesem Rechtsgebiet anbieten. Kontaktieren Sie uns, um Ihre wettbewerbsrechtlichen Berührungspunkte abzuschätzen.

Autor:innen

  • Johannes Edthaler
    Rechtsanwalt | Partner
  • Christina Hödlmayr
    Rechtsanwältin | Partnerin

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