Legal News August 2023
Newsletter – 07.09.2023
Es freut uns, Ihnen nachfolgend unsere Legal News für August 2023 zur Verfügung zu stellen.
Gegliedert nach Praxisgebieten haben wir aktuelle Judikatur und gesetzliche Neuerungen kompakt zusammengefasst:
- Arbeitsrecht
- Gesellschafts- und Konzernrecht
- Immobilienrecht
- Litigation
- Private Clients
- Restrukturierung und Sanierung | Insolvenz
- Strafrecht | Compliance
- Unternehmens- und Vertragsrecht
- Datenschutz
ARBEITSRECHT
Bei mehrschichtiger Arbeitsweise nach einem Schichtplan ist die Durchrechnung der Arbeitszeit prinzipiell zulässig. Dazu muss der Schichtplan jedoch zumindest konkludent wirksam vereinbart worden sein.
Im konkreten Fall wurde weder eine schriftliche noch eine mündliche Vereinbarung über die Leistung von Schichtarbeit mit dem Arbeitnehmer abgeschlossen. Der Arbeitnehmer begehrte daher Entgelte für die geleisteten Überstunden, die durch die nicht wirksam vereinbarte Durchrechnung der Arbeitszeit angefallen sind. Der Arbeitgeber wendete ein, dass sowohl der Schichtplan als auch die Durchrechnung der Arbeitszeit konkludent dadurch vereinbart wurden, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Schichtarbeit geleistet hatte und ihm dieser Umstand auch bewusst war.
Im Ergebnis sprach der OGH aus, dass das tatsächliche Arbeiten nach einem Schichtplan nicht für eine konkludente Vereinbarung desselben inklusive der Durchrechnung der Arbeitszeit ausreicht. Die Annahme einer schlüssigen Erklärung würde gewisse Kenntnisse des Arbeitnehmers über die maßgeblichen Umstände voraussetzen. Dem Arbeitnehmer wurden lediglich die Dienstzeiten laut Dienstplan erklärt. Der Arbeitnehmer wurde nie über die rechtlichen Konsequenzen des Durchrechnungs- und Schichtplanmodells aufgeklärt; auch wenn er nach einiger Zeit erkannt hat, dass nach einem Schichtplan gearbeitet wurde. Diese Erkenntnis reichte für die Kenntnis der maßgeblichen Umstände ebenso wenig aus als das tatsächliche Arbeiten nach dem Schichtplan. Da ggst keine wirksame Vereinbarung eines Schichtplans vorlag, fehlte für die Durchrechnung der Arbeitszeit die rechtliche Grundlage. Der Arbeitnehmer hatte Anspruch auf Überstundenentgelt für die im Rahmen der Schichtarbeit geleisteten Überstunden.
OGH 28.9.2022, 9 ObA 62/22s
GESELLSCHAFTS- UND KONZERNRECHT
Flexible Kapitalgesellschaft
Mit dem „Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 (GesRÄG 2023)“ soll unter anderem eine neue Gesellschaftsform geschaffen werden, die sogenannte „Flexible Kapitalgesellschaft“ („Flex Company“) abgekürzt („Flex-Kap“) („FlexCo“). Es gibt folgende grundlegende Neuerungen:
- Die Flex-Kap steht nicht nur Startups zur Verfügung, sondern kann von allen Gründern, vor allem auch von bestehenden Unternehmen gewählt werden. Es gibt keine Beschränkung auf bestimmte Branchen, Lebenszyklen oder Größen eines Unternehmens.
- Das Mindeststammkapital wird EUR 10.000,00 betragen, wovon EUR 5.000,00 bei der Gründung einbezahlt werden müssen.
- Während bei der GmbH eine Stammeinlage der Gesellschafter mindestens EUR 70,00 betragen muss, sind Stammeinlagen bei der Flex-Kap bereits ab EUR 1,00 möglich.
- Durch gesellschaftsvertragliche Regelungen können Umlaufbeschlüsse auch ohne das Einverständnis aller Gesellschafter ermöglicht werden.
- Die Notariatsaktspflicht, die aktuell bei der Gründung und für Anteilsübertragungen besteht, entfällt. Es genügt die Urkundenerrichtung durch einen Notar oder Rechtsanwalt.
- Mit den in den § 9-11 FlexKapGG geschaffenen „Unternehmenswert-Anteilen“ wird eine neue Anteilsklasse geschaffen. Es handelt sich um Geschäftsanteile, die eine Beteiligung am Bilanzgewinn und am Liquidationserlös ermöglichen. Die Inhaber dürfen an der Gesellschafterversammlung teilnehmen und sind von schriftlichen Abstimmungen zu informieren, ihnen kommt aber kein Stimmrecht zu.
- Das GmbHG kommt subsidiär zur Anwendung, wenn das FlexKapGG dafür keine Regelungen trifft.
- Geplant ist, dass das FlexKapGG am 1. November 2023 in Kraft tritt.
276/ME XXVII. GP – Ministerialentwurf – Gesetzestext
IMMOBILIENRECHT
Erfolgreiche Unterlassungsklage bei Lärm von Basketballplatz
Der im Wohngebiet asphaltierte Basketballplatz befindet sich etwa 30 m vom Haus der Klägerin entfernt. Die Benützung des Basketballplatzes findet vor allem im Sommer zumindest drei- bis viermal die Woche etwa vier Stunden am Tag, dies zu unterschiedlichen Zeiten, teils vormittags, teils während der Mittagszeit, teils nachmittags und in den Abendstunden bis zum Eintritt der Dämmerung statt. Das Ballspiel hebt sich sehr deutlich von den sonstigen Umgebungsgeräuschen ab und verursacht Spitzenpegel von 60 bis 65 dB. Zum Vergleich: Ein am nahegelegenen Weg vorbeifahrender „relativ lauter“ Traktor erreicht einen Maximalpegel von 65,5 dB.
Die klagende Nachbarin begehrte, die Beklagte möge es unterlassen, die asphaltierte Fläche auf ihrem Grundstück als Sport- und/oder Spielplatz zur Ausübung lärmerzeugender Tätigkeiten wie Basketballspielen zu nutzen.
Die vom Basketballplatz ausgehenden Geräusche sind nicht ortsüblich. Da die Grundstücke der Streitteile aber nur wenige Kilometer von Badeseen entfernt sind, wo sich viele Sommergäste aufhalten (Fremdenverkehrsgegend), kann keine völlige ländliche Ruhe erwartet werden. Deswegen ist das Bespielen des Basketballplatzes (nur) werktags und samstags von 9.00 bis 12.00 Uhr und von 15.00 bis 18.00 Uhr zumutbar und zu diesen Zeiten von der Klägerin zu dulden.
OGH 31.5.2023, 4 Ob 242/22z
LITIGATION
Haftung des Pferdehalters für Unfall bei der Betreuung im Rahmen eines „Freundschaftsdienstes“
Zwei Freundinnen vereinbarten, dass die eine während des Urlaubs der anderen deren in einem Reitstall untergebrachtes Pferd unentgeltlich betreut (im Sinn des notwendigen Bewegens). Da erkennbar war, dass sich die Pferdehalterin auf diese Zusage verlässt und ihre Einhaltung wesentliche Interessen berührt, ist diese Vereinbarung nicht als bloße Gefälligkeitsabrede, sondern als Vertrag zu qualifizieren.
Zum Schaden: Die Klägerin wollte das vom Charakter her unauffällige Pferd während des Urlaubs der Beklagten vom Grasen zurück in den Stall führen. Dabei wurde sie vom ausschlagenden Pferd im Gesicht schwer verletzt.
Bei einem Auftragsvertrag haftet der Auftraggeber dem Auftragnehmer gem § 1014 ABGB verschuldensunabhängig für den mit der Erfüllung des Auftrages verbundenen Schaden. Zwar ist bei rein faktischen Tätigkeiten wie dem Bewegen eines Pferdes während der Urlaubsabwesenheit der Halterin diese Bestimmung nicht direkt anwendbar, die Judikatur bejaht jedoch die analoge Anwendung dieser Regelung auf solche Vertragsverhältnisse. Wer jemand anderen mit dem Bewegen seines in einem Reitstall untergebrachten Pferdes während eines Urlaubs „beauftragt“, haftet daher analog § 1014 ABGB verschuldensunabhängig für den Schaden, den der andere bei der Betreuung des Tier erlitten hat. Die Haftung umfasst auch Personenschäden (hier: Verletzung durch das ausschlagende Pferd).
OGH 16.5.2023, 2 Ob 91/23f
PRIVATE CLIENTS
Unterhaltsbemessungsgrundlage: Steuergutschriften sowie fiktive Mietzahlungen als Teil der Unterhaltsbemessungsgrundlage?
Bereits seit 2017 wohnt die Klägerin – seit 2018 vom Beklagten geschieden – alleine in der bisherigen Ehewohnung der Streitparteien, die jeweils im Hälfteeigentum steht. Der Beklagte ist unselbstständig erwerbstätig und macht seit 2016 eine zusätzliche Ausbildung zum Psychotherapeuten. Die dafür zwischen 2016 und 2019 angefallenen Ausbildungskosten machte er steuerlich geltend und erhielt dafür im Jahr 2020 Steuergutschriften ausbezahlt. Die Klägerin machte nunmehr rückständigen Unterhalt geltend. Sie begehrte die Einbeziehung der im Jahr 2020 zugeflossenen Steuergutschrift sowie die Berücksichtigung des fiktiven Mietwerts im Rahmen der Unterhaltsbemessungsgrundlage.
Vorab ist festzuhalten, dass sich die Bemessungsgrundlage nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen richtet und es auf das tatsächliche Nettoeinkommen im Sinn der verfügbaren Mittel ankommt. Maßgebend ist die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel.
In diesem Zusammenhang hielt der OGH fest, dass auch Steuerrückzahlungen – selbst dann, wenn die dafür ursächlichen Werbungskosten nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden dürfen – als Einkommen des Unterhaltspflichtigen anzusehen sind und sohin bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen sind. Der fiktive Mietwert führt hingegen nicht zu einer Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und sohin nicht zur Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage. Vielmehr ist die kostenlose Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten im Ausmaß des fiktiven Mietwerts als Naturalleistung auf den Unterhalt anrechenbar.
OGH 15.3.2023, 3 Ob 213/22b
Formwirksame Testamentserrichtung mittels schriftlichem (Hand)Zeichen
Der OGH beschäftigte sich in der Entscheidung vom 21. März 2023, 2 Ob 35/23w, mit der Frage, ob ein schreibunfähiger Erblasser, der das Schreibgerät im gegenständlichen Fall mit dem Mund geführt hat, dadurch seine Unterschrift bzw sein Handzeichen formwirksam unter seine letztwillige Verfügung gesetzt hat.
Für die formwirksame Errichtung einer letztwilligen Verfügung muss der Erblasser ua entweder seine eigenhändige Unterschrift oder – im Falle seiner Schreibunfähigkeit – sein Handzeichen unter seine letztwillige Verfügung setzen. Ob das „schriftliche Zeichen“ des Erblassers auf dem notariellen Testament eine Unterschrift darstellt, hat der OGH im gegenständlichen Fall leider unbeantwortet gelassen; die Vorinstanzen haben diese Rechtsansicht jedenfalls vertreten.
Der OGH war jedoch der Ansicht, dass der schreibunfähige Erblasser formgültig sein Handzeichen unter seine letztwillige Verfügung gesetzt hat, da er das Schreibmittel nicht mit der Hand führen müsse. Nimmt man den OGH beim Wort, kann der Erblasser das Schreibgerät auch mit seinen Zehen führen.
OGH 21.3.2023, 2 Ob 35/23w
Testamentserrichtung vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung: Deckungspflicht?
Der Oberste Gerichtshof hat sich in der Entscheidung vom 24. Mai 2023 (7 Ob 61/23f) mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Rechtsschutzversicherung die gegenständlichen Streitigkeiten im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens deckt.
Konkret ging es darum, dass die mit Testament vom 08. Oktober 2016 eingesetzte Alleinerbin, nicht bereit war das ihrem (zwischenzeitlich verstorbenen) Bruder zugedachte Vermächtnis zu erfüllen. Der Gesamtrechtsnachfolger ihres Bruders klagte sodann auf Erfüllung. Der Kläger war seit 20. Oktober 2016 bei der Beklagten rechtsschutzversichert, wobei entsprechend den allgemeinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich jener Handlungen, die (binnen einem Jahr) vor Versicherungsbeginn gesetzt werden und sodann den Versicherungsfall auslösen, kein Versicherungsschutz gegeben war.
Die Rechtsschutzversicherung und das Berufungsgericht vertraten die Ansicht, der gegenständliche Versicherungsfall sei mit der Errichtung des Testaments eingetreten, da dieses den „späteren Rechtsverstoß in sich trage“. Da das Testament am 08. Oktober 2016 und somit innerhalb der Jahresfrist vor Versicherungsbeginn errichtet wurde, bestehe kein Versicherungsschutz.
Der OGH schloss sich dieser Rechtsansicht nicht an und kam zu dem Ergebnis, dass der Versicherungsfall erst eintrat, als die spätere Erfüllung des Vermächtnisses durch die Alleinerbin abgelehnt wurde. Nach Ansicht des OGH bestand folglich eine Deckungspflicht der Rechtsschutzversicherung.
OGH 24.5.2023, 7 Ob 61/23f
RESTRUKTURIERUNG UND SANIERUNG | INSOLVENZ
Anzahlungsgarantie im Insolvenzfall
Verträge, die ein Schuldner vor Insolvenzeröffnung abgeschlossen hat, bleiben grundsätzlich für beide Seiten gültig. Dieser Grundsatz gilt jedoch nur für den nicht insolventen Vertragspartner uneingeschränkt. Für den insolventen Vertragspartner sieht § 21 IO eine Ausnahme vor. Gem § 21 IO bleiben Verträge, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens von beiden Vertragspartnern noch nicht oder nicht vollständig erfüllt worden sind aufrecht, der Insolvenzverwalter hat jedoch ein Wahlrecht, ob er vom Vertrag zurücktritt oder ob er am Vertrag festhalten will.
In der gegenständlichen Entscheidung wurde eine Anzahlungsgarantie geschlossen. Eine Garantie ist stets auf einen von den Parteien vereinbarten, konkreten Garantiefall bezogen. Für eine Anzahlungsgarantie ist charakteristisch, dass nicht der sich aus dem Vertrag ergebende Anspruch auf die Hauptleistung abgesichert wird, sondern der Anspruch auf Rückgabe der geleisteten Anzahlung, sollte die angezahlte Leistung nicht erbracht werden. Auch die Garantievereinbarung im Anlassfall sah diesen Inhalt vor: Hat der Auftragnehmer Leistungen in Höhe des Werts der Anzahlung erbracht, entfällt die Leistungspflicht. Im vorliegenden Fall hatte der Vertragspartner durch seine erbrachten Leistungen die Anzahlung bereits gedeckt und ging schließlich in Insolvenz. Als Beisatz stand in der Garantievereinbarung zusätzlich, dass von der Garantie auch Ansprüche nach den §§ 21 IO und 22 IO gedeckt sind. Vom OGH war letztlich zu prüfen, ob aufgrund dieses Beisatzes auch Ansprüche nach § 21 IO nur von der Garantie umfasst sind, wenn die angezahlte Leistung nicht erbracht wurde oder ob die Garantie im Insolvenzfall wieder auflebt und vom Auftraggeber gezogen werden kann.
Der Beisatz ist nach dem OGH dahingehend auszulegen, dass Ansprüche aus dem Vertrag im Insolvenzfall nur von der Garantie umfasst sind, wenn sie sich auf eine Rückzahlung der Anzahlung gründen, die bei Rücktritt des Masseverwalters noch nicht durch erbrachte Leistungen gedeckt wurde. Die bereits vor der Einstellung des Unternehmens gedeckte Anzahlungsgarantie lebt also wegen des Beisatzes im Insolvenzfall nicht wieder auf.
OGH 29.6.2022, 8 Ob 36/21h
STRAFRECHT | COMPLIANCE
Betrug iZm Krypto Trading
In dem dieser OGH-Entscheidung zugrunde liegenden Urteil wurden zwei Täter des gewerbsmäßigen schweren Betruges schuldig erkannt. Die Täter gaben vor im Rahmen eines privaten „Investment-Clubs“ mit den von den Opfern investierten Vermögenswerten einen professionellen und redlichen Handel mit Kryptowährungen zu betreiben. Die Täter verleiteten 96 Opfer zur Einzahlung des Mitgliedsbeitrages von EUR 99,00 sowie zur Übergabe und Überweisung von Geldbeträgen und Bitcoin im Wert von rund EUR 2 Mio. Darüber hinaus haben die Täter mehrere Opfer, durch die Vorgabe Geld zum Aufbau eines Unternehmens im Bereich „Krypto-Trading“ zu benötigen sowie rückzahlungsfähig und rückzahlungswillig zu sein, und mit den investierten Vermögenswerten einen professionellen und redlichen Handel mit Kryptowährungen zu betreiben, zur Gewährung von Darlehen bewegt.
Es kommt in der Praxis – insb bei den Kreditgeschäften – nicht selten vor, dass der Betrugsverdacht ausschließlich damit begründet wird, dass der Beschuldigte/der Angeklagte den Kreditgeber über den Verwendungszweck des Kredits täuscht. Er gibt beispielsweise an, dass er den Kredit für ein bestimmtes Projekt benötigt, in Wirklichkeit will er von Anfang an aber das Kreditvaluta für einen anderen Zweck verwenden. In dieser Entscheidung hat der OGH – wiederholt – klargestellt, dass die Täuschung über den Verwendungszweck zumeist keine Betrugshandlung darstellen kann. Dadurch wird in der Regel bloß die Dispositionsfreiheit des Kreditgebers verletzt. Der Betrugstatbestand schützt nur das Vermögen nicht aber die Dispositionsfreiheit. Die Betrugshandlung bei den Kreditgeschäften kann daher in der Regel nur in der Täuschung über die Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Schuldners und der Bonität der Sicherheiten bestehen.
OGH 27.6.2023, 14 Os 126/22v
UNTERNEHMENS- UND VERTRAGSRECHT
Zum Gewährleistungsverzicht beim Wohnungskauf
Der Kaufvertrag über einen privaten Wohnungskauf enthält folgende Klausel für einen vertraglichen Gewährleistungsausschluss: „Die Käufer haben den Vertragsgegenstand vor Vertragsunterfertigung eingehend besichtigt und kennen daher dessen Art, Lage und äußere Beschaffenheit. Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes erfolgt im bestehenden tatsächlichen Zustand desselben, ohne Haftung des Verkäufers für einen bestimmten Bau- oder Erhaltungszustand des Objektes […] oder eine sonstige bestimmte tatsächliche Eigenschaft oder Beschaffenheit der Liegenschaft.“
Dem Exposé des Maklers zufolge befand sich die Wohnung in einem „sehr guten Zustand“. Nachträglich stellte sich allerdings heraus, dass in einem Raum aufgrund einer zu geringen Dämmung eine Wärmebrücke bestand, weswegen massiver Schimmelbefall hinter einem Kasten auftrat.
Der OGH führt rechtlich aus, dass die Gewährleistung für einen bei der Besichtigung nicht erkennbaren Mangel (hier: Schimmelanfälligkeit des Schrankraumes wegen einer Wärmebrücke) nicht ausgeschlossen ist und entschied, dass ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss nach der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs und im Zweifel einschränkend auszulegen ist.
Ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss, der mit einer Besichtigungsklausel verbunden ist, wirkt nicht für Baumängel, die bei sorgfältiger Besichtigung nicht erkennbar waren.
OGH 23.5.2023, 1 Ob 79/23h
DATENSCHUTZ
EU-US Data Privacy Framework
Am 10. Juli 2023 ist das „EU-US Data Privacy Framework“ (DPF) mit der Annahme des Angemessenheitsbeschlusses durch die Europäische Kommission als Nachfolger des „Privacy Shield“ und „Safe Harbour“ in Kraft getreten. Das DPF soll wieder einen einfachen Datentransfer zwischen der EU und den USA ermöglichen. Im Ergebnis wurden die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Schrems II-Urteil aufgestellten Kriterien umgesetzt. Dies verlangte ua eine Anpassung der US-Gesetze, die sicherstellen sollen, dass US-Nachrichtendienste nur noch eingeschränkten Zugang zu den Informationen von EU-Bürger:innen haben. Das neue EU-US Data Privacy Framework regelt nun einen zweistufigen Rechtsschutzmechanismus, bei welchem Bürger:innen gegen Rechtsverstöße bei der Überwachung durch US-Geheimdienste klagen können. Über die Klage entscheidet ein quasi-gerichtlicher „Data Protection Review Court“.
Aufgrund dieser Änderungen sieht die Europäische Kommission das Datenschutzniveau nunmehr als gleichwertig gegenüber der EU an, wenn sich US-Unternehmen nach dem EU-US Data Privacy Framework selbst zertifiziert haben. Die Zertifizierung erfolgt über eine Webseite des US Department of Commerce.
Im Ergebnis bestätigt die Europäische Kommission, dass die zertifizierten US-Unternehmen ein angemessenes Schutzniveau für personenbezogene Daten gewährleisten. Für europäische Unternehmer sind dies erfreuliche Nachrichten, weil damit wieder personenbezogene Daten an teilnehmende US-Unternehmen übermittelt werden können, ohne dass ein Rückgriff auf anderweitige Garantien (wie insbesondere Standardvertragsklauseln) nötig ist.
Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission vom 10. Juli 2023 gem der VO (EU) 2016/679
Autor:innen
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Johannes EdthalerRechtsanwalt | PartnerDetails zur Person
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Christina HödlmayrRechtsanwältin | PartnerinDetails zur Person