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„Unternehmenswert-Anteile“ als neues Beteiligungsmodell

News – 22.06.2023

Als wesentlicher Eckpunkt des neuen Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2023 (die wichtigsten Aspekte sind hier zusammengefasst) sollen „Unternehmenswert-Anteile“ als neue Beteiligungsform, insbesondere für Mitarbeiter:innen eingeführt werden. Dies wurde insbesondere von der Start-up Szene gefordert, um ihren Mitarbeiter:innen einen attraktiven (finanziellen) Anreiz in Hinblick auf den erwarteten, zukünftigen Unternehmenserfolg zu bieten. Im folgenden Artikel wird auf die wichtigsten Aspekte zur geplanten Einführung der Unternehmenswert-Anteile eingegangen.

Was sind Unternehmenswert-Anteile?

Unternehmenswert-Anteile stellen eine neue Beteiligungsform bzw. Anteilsklasse dar. Mit Unternehmenswert-Anteilen sollen deren Inhaber, die sogenannten „Unternehmenswert-Beteiligten“ am Substanzwert, nicht aber an der Willensbildung, der FlexCo beteiligt werden.

Unter welchen Voraussetzungen kann eine Gesellschaft Unternehmenswert-Anteile ausgeben?

Die Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen muss im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sein.

Die Unternehmenswert-Anteile einer Gesellschaft dürfen maximal 25% des Stammkapitals der Gesellschaft ausmachen. Der geringste Nennbetrag soll einen Cent betragen; somit kann auch bei einem geringen Stammkapital eine große Anzahl an Unternehmenswert-Anteilen ausgegeben werden.

Sind Unternehmenswert-Beteiligte (wie Gesellschafter) im Firmenbuch einzutragen?

Unternehmenswert-Beteiligte sollen nicht im Firmenbuch eingetragen werden. Die Tatsache, dass es Unternehmenswert-Anteile gibt und die Summe der insgesamt darauf entfallenden Stammeinlagen und geleisteten Einzahlungen sollen allerdings im Firmenbuch ersichtlich sein. Die Gesellschaft hat über ihre Unternehmenswert-Beteiligten ein Anteilsbuch zu führen. Eine Namensliste der Unternehmenswert-Beteiligten soll zum Firmenbuch angemeldet und in der Urkundensammlung veröffentlicht werden.

Können Unternehmenswert-Anteile nur an Mitarbeiter:innen ausgegeben werden?

Die Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen soll nicht auf Mitarbeiter:innen der Gesellschaft beschränkt werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Anteile primär für Beteiligungsprogramme von Mitarbeiter:innen zur Anwendung kommen werden. Wegen ihrer Ähnlichkeit mit sozietären/anteilsähnlichen Genussrechten können Unternehmenswert-Anteil eine Alternative zu diesen Genussrechten darstellen, vor allem wegen des (im Vergleich zu Genussrecht) nun bestehenden Rechtsrahmens. Für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses eines im Unternehmen angestellten Unternehmenswert-Beteiligten hat der Gesellschaftsvertrag eine zwingende Verkaufsmöglichkeit vorzusehen.

Wie können Unternehmenswert-Anteile übertragen und übernommen werden?

Für die Übernahme und Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen soll die Einhaltung der Schriftform ausreichen. Der Einhaltung besonderer Formvorschriften (zB Notariatsakt) oder Involvierung eines Notars oder Rechtsanwalts bedarf es nicht.

Welche Rechte haben Unternehmenswert-Beteiligte?

  • Unternehmenswert-Beteiligte sollen anteilig am Bilanzgewinn, sowie am Veräußerungs- und Liquidationserlös der Gesellschaft partizipieren.
  • Unternehmenswert-Beteiligte haben
    • das Recht zur Teilnahme (ohne Stimmrecht) an Generalversammlungen der Gesellschaft,
    • ein umfassendes Auskunfts- und Fragerecht in der Generalversammlung,
    • ein Informationsrecht über die Durchführung schriftlicher Abstimmungen, sowie
    • das Recht zur Einsicht in den Jahresabschluss und die Bücher der Gesellschaft.
  • Unternehmenswert-Beteiligte haben (mit Ausnahmen von Fällen, in denen Unternehmenswert-Anteile geändert werden) allerdings kein Stimmrecht und kein Recht zur Anfechtung oder Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen.
  • Für den Fall der mehrheitlichen Veräußerung von Geschäftsanteilen durch die Gründungsgesellschafter:innen (ein oder mehrere Gesellschafter:innen, die im Zeitpunkt der Einräumung der Unternehmenswert-Anteile über die Mehrheit des Stammkapitals verfügen und im Gesellschaftsvertrag genannt sind) haben die Unternehmenswert-Beteiligten das Recht (nicht die Pflicht) ihre Unternehmenswert-Anteile mitzuverkaufen. Dieses Mitverkaufsrecht der Unternehmenswert-Inhaber ist durch selbständige Garantien der Gründer gemäß § 880a zweiter Fall ABGB abzusichern.

Welchen Beschränkungen unterliegen Unternehmenswert-Beteiligte im Vergleich zu Gesellschaftern der Gesellschaft?

Unternehmenswert-Beteiligte sind von der Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft weitgehend ausgeschlossen. Sie verfügen grundsätzlich über kein Stimmrecht und kein Recht zur gerichtlichen Beschlussanfechtung. Ausgenommen davon ist ein unmittelbarer Eingriff in ihre gesellschaftsvertraglich zugesicherte Rechtsposition. Im Falle einer Kapitalerhöhung der Gesellschaft haben Unternehmenswert-Beteiligte kein gesetzliches Bezugsrecht; dieses kann ihnen jedoch im Gesellschaftsvertrag eingeräumt werden. Die verringerten Rechte der Unternehmenswert-Beteiligten sollen durch ihr geringeres wirtschaftliches Risiko ausgeglichen werden, weil eine etwaige Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen (§ 72 GmbHG) und eine Ausfallshaftung (§ 83/2 GmbHG) für Unternehmenswert-Beteiligte ausgeschlossen ist.

Können Unternehmenswert-Beteiligte ihre Anteile in (normale) Geschäftsanteile umwandeln?

Die Umwandlung von Unternehmenswert-Anteilen in (reguläre) Geschäftsanteile der Gesellschaft soll durch Kapitalherabsetzung und anschließende Kapitalerhöhung ermöglicht werden.

Wie sind Unternehmenswert-Anteil bzw. Einzahlungen darauf bilanziell abzubilden?

Im aktuellen Gesetzesentwurf finden sich keinerlei explizite Regelungen zur bilanziellen Abbildung von Unternehmenswert-Anteilen bzw. der hierauf geleisteten Einzahlungen in der Bilanz der Gesellschaft. Da die Unternehmenswert-Anteile einem Geschäftsanteil nachgebildet sind (die Regelungen betreffend Geschäftsanteile gelten grundsätzlich auch für die Unternehmenswert-Anteile; auf die Unternehmenswert-Anteil sind Stammeinlagen einzuzahlen), die für den Unternehmenswert-Anteil eingezahlten Stammeinlagen Teil des Stammkapitals sind und der Unternehmenswert-Beteiligte an der Substanz (Bilanzgewinn und Liquidationserlös) des Unternehmens beteiligt ist, kann man festhalten, dass die Unternehmenswert-Anteile Eigenkapitalcharakter haben.

Autor:innen

Vedran Obradović
Rechtsanwalt | Partner
Oliver-Christoph Günther
Rechtsanwalt
Andrei Demian
Rechtsanwalt
Thomas Malle
Rechtsanwalt

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