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FlexCo: Neue Möglichkeiten, neue Herausforderungen

News – 28.11.2023

Am 24. November 2023 wurde die Regierungsvorlage für das GesRÄG 2023 veröffentlicht; die Änderungen zum Ministerialentwurf vom 26. Mai 2023 sind marginal. Mit dem Gesetzesentwurf soll die „Flexible Kapitalgesellschaft“ bzw. „Flexible Company“ mit den Rechtsformzusätzen „FlexKap“ oder „FlexCo“ als neue Kapitalgesellschaftsform eingeführt werden. Die FlexCo soll insbesondere innovativen Startups und GründerInnen in der Frühphase eine international wettbewerbsfähige Option bieten, steht aber auch allen Unternehmern offen. Sie ist auch nicht auf einzelne Branchen, Lebenszyklen oder Größen eines Unternehmens beschränkt.

Die gesetzliche Grundlage für die FlexCo, das FlexKapGG, ist an das GmbHG angelehnt und dieses soll auch subsidiär zur Anwendung kommen. Es werden jedoch auch verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten aus dem AktG übernommen, weshalb die FlexCo auch als Hybridform zwischen der GmbH und der AG angesehen werden kann.

Nachfolgend sind die wesentlichen Eckpunkte und Charakteristika der FlexCo zusammengefasst:

Mindeststammkapital

Das Mindeststammkapital beträgt EUR 10.000,00, von dem bei Gesellschaftsgründung EUR 5.000,00 bar einzuzahlen sind. Das gilt künftig sowohl für die FlexCo als auch für die GmbH, deren Stammkapital auf EUR 10.000,00 herabgesetzt wird. Die „gründungsprivilegierte“ GmbH wird abgeschafft. Für bereits eingetragene gründungsprivilegierte GmbHs gibt es Übergangsbestimmungen.

„Mini-Anteile“ und Stückanteile

Im Vergleich zur GmbH (Mindestbetrag pro Stammeinlage weiterhin EUR 70,00), sollen Stammeinlagen der Gesellschafter:innen einer FlexCo von nur EUR 1,00 möglich sein. Damit soll eine sehr geringe und kostengünstige Beteiligung sowie eine breitere Streuung der Anteile ermöglicht werden.

Gesellschafter:innen der FlexCo sollen bei entsprechender Festlegung im Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit haben, ihre Geschäftsanteile in Stammeinlageanteile von mind. EUR 1,00 Nennbetrag zu stückeln (Stückanteile). Somit können sie – anders als bei der GmbH – mehrere Stückanteile gleicher oder unterschiedlicher Gattung halten und getrennt über diese verfügen. Gerade bei Venture-Capital-Finanzierungen ist es üblich, unterschiedliche Anteilsgattungen (zB Anteile mit unterschiedlichen Vorzugsrechten) vorzusehen.

Uneinheitliche Stimmabgabe

Unabhängig davon, ob Stückanteile ausgegeben werden oder nicht, wird bei einer FlexCo die uneinheitliche Stimmabgabe zulässig sein (sofern der Gesellschafterin einer FlexCo mehr als eine Stimme zusteht); dies ist bei der GmbH umstritten.

Umlaufbeschlüsse

Der Gesellschaftsvertrag einer FlexCo kann – abweichend von § 34 Abs. 1 GmbHG – vorsehen, dass Beschlüsse im schriftlichen Weg (Umlaufbeschlüsse) auch ohne individuelles Einverständnis aller Gesellschafterinnen gefasst werden können. Für eine gültige schriftliche Beschlussfassung ist dann ausreichend, dass allen stimmberechtigten Gesellschafter:innen eine Teilnahme an der schriftlichen Abstimmung ermöglicht wurde. Für die Feststellung der für den jeweiligen Beschlussgegenstand erforderlichen Mehrheit kommt es in diesem Fall auf die Gesamtzahl der allen Gesellschafter:innen zustehenden Stimmen an.

Aufsichtsrat

Aufgrund der sonst nur für eine AG vorgesehenen besonderen Ausgestaltungsmöglichkeiten der FlexCo (zB die unter Punkt 7 vorgestellten Kapitalmaßnahmen), ist ein Aufsichtsrat zu bestellen, sofern eine mittelgroße Kapitalgesellschaft iSd UGB vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn zwei der drei folgenden Merkmale erfüllt sind:

  • EUR 20 Mio. Bilanzsumme
  • EUR 40 Mio. Umsatz in den 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag
  • 250 Arbeitnehmer im Durschnitt pro Jahr

Unternehmenswert-Anteile

Bei der FlexCo wird mit „Unternehmenswert-Anteilen“ eine neue Form der (korporativen) (Mitarbeiter-)Beteiligung geschaffen. Diese wurden insbesondere von der Startup-Szene gefordert, um Mitarbeiter:innen einen attraktiven (finanziellen) Anreiz in Hinblick auf den erwarteten, zukünftigen Unternehmenserfolg zu bieten. Im Unterschied zu Geschäftsanteilen haben Unternehmenswert-Anteilsinhaber keine Stimmrechte (mit Ausnahme von Fällen, in denen Unternehmenswert-Anteile geändert werden) und kein Recht zur Anfechtung oder Nichtigerklärung von  Gesellschafterbeschlüssen. Die wichtigsten Aspekte der „Unternehmenswert-Anteile“ sind hier zusammengefasst

Flexibilisierung bei der Kapitalerhöhung

Ähnlich wie bei der Aktiengesellschaft soll bei der FlexCo für das Aufbringen von zusätzlichem Kapital neben der ordentlichen Kapitalerhöhung – das ist bei Startup-Finanzierungen innerhalb der GmbH die üblicherweise gewählte Form des Investoreneinstiegs – auch die Form des genehmigten, bedingten oder genehmigten bedingten Kapitals möglich sein.

Dadurch sollen im Hinblick auf die für Startups essenziellen Finanzierungsrunden zur Kapitalbeschaffung zusätzliche flexible Finanzierungsformen geschaffen werden. Für Gründer:innen wird dabei insbesondere die Möglichkeit der Kapitalerhöhung durch genehmigtes Kapital interessant sein, durch welche die Geschäftsführung (idR die Gründer:innen) im Gesellschaftsvertrag zur Durchführung von Kapitalerhöhungen für einen Zeitraum von max. fünf Jahren ermächtigt werden kann. Somit wird eine raschere Kapitalaufbringung gewährleistet, weil ein Kapitalerhöhungsbeschluss der Gesellschafter:innen nicht mehr erforderlich ist.

Anteilsübertragungen

Während für die Gründung einer FlexCo (außer bei einer Ein-Personen-Gründung unter Beiziehung einer Bank) ein Notariatsakt erforderlich ist und auch Änderungen des Gesellschaftsvertrags der notariellen Beurkundung bedürfen, sollen Übertragungen von Geschäftsanteilen und Übernahmeerklärungen anlässlich von Kapitalerhöhungen in Form einer notariellen oder anwaltlichen (Privat-)Urkunde möglich sein.

Erwerb eigener Geschäftsanteile

Die FlexCo soll nach dem Vorbild des AktG in bestimmen Fällen eigene Geschäftsanteile erwerben dürfen.

Im Gesellschaftsvertrag können die Bedingungen des Rückerwerbs näher ausgestaltet (zB als Rückerwerbsrechte oder -pflichten bei Ausübung eines gesellschaftsvertraglichen Kündigungsrechts oder bei Erbfall) werden.

Die höchstzulässige Bestandsgrenze für eigene Geschäftsanteile liegt bei einem Drittel des Stammkapitals.

Einziehung von Geschäftsanteilen

Geschäftsanteile einer FlexCo sollen nach Erwerb durch die Gesellschaft oder – sofern im Gesellschaftsvertrag vorgesehen – auch zwangsweise unter Anwendung der Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung eingezogen werden können.

Damit soll eine gesellschaftsvertragliche Grundlage für Austritts- und Ausschlussrechte geschaffen werden.

Umwandlung

Die Möglichkeit der Umwandlung einer FlexCo, in eine GmbH oder AG, sowie umgekehrt, ist im FlexKapGG ausdrücklich vorgesehen.

Während bei der Umwandlung einer FlexCo/GmbH in eine GmbH/FlexCo keine besonderen Gläubigerschutzmaßnahmen (zB Umwandlungsbilanz, Sicherstellungsanspruch oder Gründungsprüfung) erforderlich sind und auch kein Barabfindungsanspruch für nicht mit der Umwandlung einverstandene Gesellschafter:innen vorgesehen ist, sollen bei der Umwandlung einer FlexCo/AG in eine AG/FlexCo dieselben Bestimmungen zur Anwendung kommen, wie für die Umwandlung einer GmbH/AG in eine AG/GmbH.

Ausblick

Die FlexCo und die mit dem GesRÄG 2023 verbundenen Gesetzesänderungen sollen mit 01. Jänner 2024 in Kraft treten.

Autor:innen

  • Vedran Obradović
    Rechtsanwalt | Partner
  • Oliver-Christoph Günther
    Rechtsanwalt
  • Daniel Lungenschmid
    Rechtsanwalt
  • Andrei Demian
    Rechtsanwalt
  • Thomas Malle
    Rechtsanwalt

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