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Teilrevision des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich-Deutschland

Newsletter – 29.08.2023

Österreich und Deutschland haben am 21. August 2023 ein Abänderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet. Das Abänderungsprotokoll soll insbesondere die aktuellen Entwicklungen in der Arbeitswelt sowie die Umsetzung der BEPS-Standards der OECD und die deutsche Verhandlungspolitik widerspiegeln.

Nachfolgend finden Sie den aktuellen Newsroom-Beitrag zur Teilrevision des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich-Deutschland mit folgenden wesentlichen Änderungen:

 

Neufassung der Grenzgängerregelung

Die COVID-19 Pandemie sowie die technischen Entwicklungen der letzten Jahre haben zu geänderten Arbeitsformen beigetragen (Homeoffice, Telearbeit). Bisher erforderte die Anwendbarkeit der Grenzgängerregelung im DBA Österreich-Deutschland und damit die Zuweisung des ausschließlichen Besteuerungsrechts an den Ansässigkeitsstaat das arbeitstägliche Pendeln zwischen dem grenznahen Wohnort und dem grenznahen Arbeitsplatz.

Das Abänderungsprotokoll sieht eine Neufassung dieser Bestimmung vor, wonach bereits die Ansässigkeit des Arbeitnehmers im Grenzbereich und die üblicherweise im grenznahen Bereich ausgeübte Tätigkeit ausreichen. Damit fordert die Grenzgängereigenschaft nicht mehr eine Tätigkeit im grenznahen Bereich des Arbeitgeberstaats und ermöglicht somit die zeitlich unlimitierte Ausübung der Tätigkeit im grenznahen Bereich des Ansässigkeitsstaats (Homeoffice). Ein Aufenthalt von mehr als 45 Arbeitstagen außerhalb der Grenzzone (zB bei Dienstreisen) soll allerdings weiterhin für die Grenzgängereigenschaft schädlich sein. Zur Schaffung von mehr Rechtssicherheit soll in einer separaten Konsultationsvereinbarung zudem eine Liste von grenznahen Gemeinden (dh innerhalb von 30 Kilometern beidseits der Grenze) veröffentlicht werden.

Mit dem Änderungsprotokoll soll auch für den öffentlichen Dienst eine Grenzgängerregelung geschaffen werden, wobei das ausschließliche Besteuerungsrecht dem Kassenstaatsprinzip entsprechend dem Arbeitgeberstaat zukommen soll. Auch für den öffentlichen Dienst soll durch das Kriterium des üblicherweise im grenznahen Bereich erbrachten Dienstes die Möglichkeit von Homeoffice geschaffen werden. Damit soll für im öffentlichen Dienst angestellte Grenzgänger das Erfordernis der Aufteilung des Besteuerungsrechts zwischen Deutschland und Österreich nach Tätigkeitstagen entfallen.

Umsetzung der BEPS-Standards

Sowohl Österreich als auch Deutschland haben das Mehrseitige Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (MLI) unterzeichnet und ratifiziert. Allerdings findet das MLI aufgrund eines deutschen Vorbehalts keine unmittelbare Anwendung im bilateralen Verhältnis. Der revidierte Titel des Abkommens soll durch den Zusatz „[…] und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung“ sowie durch die Neufassung der Präambel nunmehr den Einklang mit den BEPS-Standards verdeutlichen und klarstellen, dass Sinn und Zweck des Abkommens auch die Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung aufgrund missbräuchlicher Gestaltungen und die Vermeidung von Treaty Shopping ist.

Hinsichtlich Betriebsstätten soll aus österreichischer Sicht eine Klarstellung erfolgen, dass vorbereitende Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten der Begründung einer Betriebsstätte entgegenstehen (zur entsprechenden bisherigen Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung vgl BMF vom 27.06.2019, EAS 3415 und BMF vom 08.04.2013, EAS 3323). Für Drittstaatsbetriebsstätten sieht das Änderungsprotokoll spezielle Missbrauchsvorschriften vor, wonach eine Niedrig- oder Nichtbesteuerung von Betriebsstätteneinkünften in Dreieckssachverhalten verhindert werden soll.

Zudem soll die Freistellungsverpflichtung des Ansässigkeitsstaats in jenen Fällen entfallen, in denen aufgrund unterschiedlicher Sachverhaltsbeurteilung oder Abkommensinterpretation eine Doppelnichtbesteuerung droht.

Mit dem Änderungsprotokoll  erfolgt auch die Aufnahme des Principal Purpose Tests, wonach für Gestaltungen und Transaktionen dann keine Abkommensvergünstigungen gewährt werden sollen, wenn einer der Hauptzwecke in der Erlangung einer derartigen Abkommensvergünstigung liegt.

Deutsche Verhandlungspolitik

Bisher enthielt das DBA Österreich-Deutschland mit Art 13 Abs 6 eine explizite abkommensrechtliche Regelung zur Wegzugsbesteuerung iZm von natürlichen Personen gehaltenen Beteiligungen. Diese Regelung ist ohne Entsprechung im OECD-MA und geht auf die deutsche Abkommenspolitik zurück (vgl Art 13 Abs 6 der deutschen Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen). Art 13 Abs 6 Satz 1 DBA Österreich-Deutschland stellt bisher (deklarativ) die steuerliche Erfassung der stillen Reserven auf von natürlichen Personen gehaltene Beteiligungen bei Verlagerung der steuerlichen Ansässigkeit von dem einen in den anderen Vertragsstaat sicher. Art 13 Abs 6 Satz 2 DBA Österreich-Deutschland normiert eine Wertverknüpfung zwischen dem im Wegzugsstaat festgestellten fingierten Veräußerungserlös und den im Zuzugsstaat angesetzten Anschaffungskosten bei späterer tatsächlicher Veräußerung der Beteiligung.

Sowohl Deutschland als auch Österreich haben in ihren nationalen Rechtsordnungen Bestimmungen zur Wegzugsbesteuerung (vgl § 27 Abs 6 öEStG bzw § 6 dAStG und § 17 Abs 2 dEStG); diese sehen auch eine Wertverknüpfung zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten (gemeiner Wert als Anschaffungskosten) vor. Zur Vermeidung drohender Inkongruenzen aufgrund der parallelen Anwendbarkeit der nationalen sowie der abkommensrechtlichen Bestimmungen zur Wegzugsbesteuerung soll Art 13 Abs 6 DBA Österreich-Deutschland nunmehr gänzlich aufgehoben werden. Ob die Aufhebung dieser DBA-rechtlichen Bestimmung tatsächlich zu keiner steuerlichen Konsequenz führt, sollte im Einzelfall näher geprüft werden.

Inkrafttreten

Das Abänderungsprotokoll tritt am Tag des Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft und ist im Jahr nach Inkrafttreten anwendbar. Unabhängig vom Zeitpunkt der Ratifikation sollen die neuen Grenzgängerbestimmungen ab 1. Jänner 2024 anwendbar sein.

Autor:innen

  • Oliver-Christoph Günther
    Rechtsanwalt
  • Katharina Moldaschl
    Rechtsanwaltsanwärterin
  • Thomas Kiesenhofer
  • Johannes Reiter

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